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CHAMPIONS LEAGUE: Bayern grübelt über die Taktik

Vor dem Champions-League-Spiel bei Sporting Lissabon: Nach der Niederlagenserie in der Bundesliga stehen die Zeichen beim FC Bayern auf Sturm - Philipp Lahm mutiert zum neuen Kahn.

Im kollektiven Gedächtnis des FC Bayern ist die Vorrunde der laufenden Champions League schon passé und an einem netten Plätzchen archiviert. Die Erinnerungen stecken in einer hübschen Schachtel, mit Schleifchen drum herum, und auf dem Deckel steht in Goldschrift: „Beste Vorrundenbilanz aller Mannschaften“. Vor der Abreise zum heutigen Achtelfinal-Hinspiel bei Sporting Lissabon (20.45 Uhr/live auf Sat1) hat aber Philipp Lahm den Deckel noch einmal gelüftet.

Denn in seinem persönlichen Gedächtnis hat er vor allem die letzte Vorrundenpartie noch sehr präsent, und zwar als ein in vielen Belangen schlechtes Spiel seines FC Bayern. Es ist nicht verwunderlich, dass gerade Lahm daran erinnert, wie es wirklich war, im Dezember bei Olympique Lyon. Der 25-Jährige äußert sich in dieser Saison mehr denn je zu den Grundsätzlichkeiten im Vereinsleben. Aus dem an sich fröhlichen Optimisten wird dann oft ein mahnender Realist. Man könnte auch sagen: Lahm wird der neue Kahn.

Das Spiel in Lyon dient Lahm als Beispiel dafür, was trotz der Erfolgsserie falsch lief im Spiel der Bayern. „Wir haben 3:0 geführt und dann zu offen gespielt. Klar, man gewinnt 3:2, alles gut und schön. Aber die hatten noch fünf Hundertprozentige, das darf nicht passieren.“ Solche Details interessierten im Dezember sonst kaum jemanden so richtig. Kurz darauf folgte die Auslosung. Und Sporting Lissabon galt damals als „Glückslos“ und „Weihnachtsgeschenk“. Jetzt ist Philipp Lahm immer noch froh über das Los – aber unter der Prämisse des Selbstzweifels. „Es wäre nicht gut, jetzt auf Manchester oder Barcelona zu treffen, weil diese Mannschaften im Moment sehr stark sind. Deshalb ist es besser, gegen Lissabon zu spielen.“ Aber deuten solche Töne nicht darauf hin, dass die Bayern ihren Gegner unterschätzen? Lahms Stimme klingt ja an sich immer noch sehr jugendlich. Doch nun erreicht sie plötzlich auf der nach oben offenen Kahn-Skala einen Härtegrad knapp unterhalb der Knurrgrenze: „Wir haben jetzt drei von vier Spielen verloren. Hier unterschätzt keiner mehr irgendjemanden.“

Da passt ins Bild, wie Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge das Spiel angeht: „Man muss versuchen, in Lissabon ein positives Ergebnis zu erzielen. Das wäre, zumindest eine Niederlage zu verhindern.“ Lahm zufolge braucht der FC Bayern sogar Erholung nach den Rückschlägen im deutschen Fußballbetrieb. „Es ist ein anderer Wettbewerb. Da kann man für ein paar Tage die Bundesliga aus dem Kopf streichen“, sagt er. Trainer Jürgen Klinsmann unterstützt diesen gruppentherapeutischen Ansatz, indem er, anders als sonst, nicht nur die Spieler mitnimmt, die für einen Einsatz infrage kommen, sondern den gesamten Kader.

Vermutlich werden bei den Therapiesitzungen auch andere Ausführungen Lahms eine Rolle spielen. Der Linksverteidiger hat in den vergangenen Tagen ein paar bemerkenswerte Sätze zu den Defensivmängeln der Klinsmann-Bayern beigesteuert. „Wir haben schon die ganze Saison Probleme. So viele Gegentore bekommt man nicht, wenn man gut geordnet ist“, sagt Lahm. Auch Miroslav Klose forderte im „Kicker“-Interview, dass es ein Ende haben müsse mit dem Hauruck-Fußball: „Wir wollen immer nach dem zweiten Ball schon den tödlichen Pass spielen. Verlieren wir einen Zweikampf, dann sind wir sofort in Unterzahl.“ Und überhaupt: „Es muss nicht nach 20 Minuten schon 2:0 stehen.“

Auf die Nachfrage, wer dafür verantwortlich sei, dass sich all das bessere, antwortet Lahm: „Taktische Verbesserungen muss man einstudieren, und die Spieler müssen das annehmen.“ Solche Prozesse brauchen normalerweise Zeit und Ruhe. Die hat Jürgen Klinsmann allerdings nicht. Immerhin kann er dabei auf Philipp Lahms Hilfe zählen: „Ich spreche immer das an, was ich sehe. Ich gehe davon aus, dass der Trainer das aufnimmt.“

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