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Champions League: Bayern träumt kurz

Die Münchner rätseln nach insgesamt zwölf Toren im Achtelfinale der Champions League über ihre Stärke.

So gut gelaunt wie am Mittwochvormittag hat Uli Hoeneß sich selten der Lektüre der Münchner Zeitungen gewidmet. „Normalerweise gibt es immer ein paar Schlaumeier, die irgendwas finden, zum Beispiel, dass die Eckfahnen falsch gesteckt waren oder so was. Aber an diesem Spiel hatte keiner, wirklich keiner etwas auszusetzen“, konstatierte der Manager des FC Bayern München, als er sich am Tag nach dem 7:1-Sieg über Sporting Lissabon zum Mittagessen bei „Käfer“ zu Tisch begab. Der einzige Kommentator, der sich nach dem Rückspiel im Achtelfinale der Champions League im Ton vergriff, war der kaiserliche Fernsehkorrespondent höchstpersönlich. Franz Beckenbauer kommentierte die beiden Tore von Lukas Podolski und die Erwartungen, die dessen Wechsel nach Köln dort weckt, mit einer an Geschmacklosigkeit schwer zu überbietenden Bemerkung: „Er muss aufpassen, dass nicht die ganze Stadt zusammenbricht, ein paar Häuser sind ja schon eingestürzt.“

Der FC Bayern im Allgemeinen und Lukas Podolski im Besonderen ignorierten Beckenbauers Fehltritt indigniert. „Wir wollten den Zuschauern etwas bieten, und das ist uns mit sieben Toren auch gelungen“, sagte der Nationalspieler, der bei den Bayern im Alltag einen Stammplatz auf der Bank hat und bei der Gala („Champions League ist für mich immer etwas ganz Besonderes“) gegen die aufgeschreckten Portugiesen endlich mal wieder von Anfang an spielen durfte. Das lag vor allem an der Verletzung von Luca Toni. Der Italiener plagt sich immer noch mit Achillessehnenschmerzen, auch zum nächsten Bundesligaspiel in Bochum wird es wohl nicht reichen.

In Tonis Abwesenheit blühte auch ein anderer Stürmer auf, dessen Name in München immer noch einen sehr guten Klang hat. Thomas Müller, 19 Jahre jung und sonst Stammspieler in der zweiten Mannschaft, gab in der zweiten Halbzeit sein Champions-League-Debüt. Mit schönem Flankenlauf legte er Mark van Bommel ein Tor auf, und kurz vor Schluss schob er den Ball aus nächster Distanz ähnlich geistesgegenwärtig über die Linie wie es früher sein Namensvetter Gerd (Motto: „Wenn’s denkst, ist eh zu spät“) zu tun pflegte. Es war das erste Müller-Tor für die Profis des FC Bayern seit gut dreißig Jahren.

Und es war der Schlusspunkt unter einer in der jüngsten Geschichte des europäischen Klub-Fußballs einmaligen Demontage. 12:1 Tore in der Addition aus Hin- und Rückspiel – das hat in der Champions League noch niemand geschafft. Mark van Bommel kleidete den unerwartet einfachen Einzug ins Viertelfinale in bescheidene Worte: „Man darf träumen, aber nicht so lange“, sagte der Holländer. Mit ähnlicher Verve hat Lucien Favre in den vergangenen Tagen den Marsch von Hertha BSC an die Tabellenspitze der Bundesliga kommentiert.

Favres Münchner Trainerkollege gab sich weniger zurückhaltend. „Toll“, „imponierend“, „unterhaltsam“ – Jürgen Klinsmann wählte bei seiner Analyse ungewohnt viele und blumige Adjektive. Die Erleichterung nach der zum Teil harten Kritik der vergangenen Woche war ihm nur allzu deutlich anzumerken. „Wir brauchen uns in Europa vor niemandem verstecken“, sagte Klinsmann, und dass seine Mannschaft „ein sehr deutliches Signal gegeben hat, dass mit uns zu rechnen ist“. Denn: „Wir gehören jetzt zu den besten acht Mannschaften Europas.“

Das aber ist wohl einen Tick zu optimistisch formuliert nach zwei Spielen gegen eine Mannschaft, die in dieser Verfassung in der Bundesliga gegen den Abstieg kämpfen würde. „Die erste DFB-Pokalrunde ist schwerer“, spottete die „Abendzeitung“. Immerhin das mochte Uli Hoeneß nicht so stehen lassen. „Nein, so einfach ist das nicht“, sagte der Münchner Manager und errechnete einen komplizierten Quervergleich mit Spielen gegen Atletico Madrid und den FC Porto, aus dem hervorgehen sollte, dass es sich bei Sporting Lissabon um eine internationale Spitzenmannschaft handelte. Diesen Status aber kaschierten die Portugiesen in München über 90 einseitige Minuten sehr geschickt. „Der Gegner war nicht so, dass man sagt, die waren richtig gut“, formulierte Mark van Bommel in der Diktion des Diplomaten.

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