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Warum nicht durch die Mitte? Raúl erzielte beim 1:1 im Hinspiel gegen Valencia den Treffer für die Schalker.

© dpa

Champions League: FC Valencia: Schrott für 350 Millionen

Ein Team im Umbruch, ein Verein auf Pump: Der FC Valencia, Schalkes Gegner in der Champions League, hat viel mehr Schulden als die Gelsenkirchener und kämpft heute um die Existenz.

Jeder Morgen beginnt für Christopher Quiban Hernandez mit einer Enttäuschung. Auf seinem Weg zur Arbeit muss der Installateur und Fan des FC Valencia die Stadt Richtung Norden verlassen. Hernandez kommt dann unweigerlich an einem Betonklotz vorbei, der bei ihm Wut und Entsetzen auslöst. „Ich wünsche mir immer, dieser Schrotthaufen würde über Nacht verschwinden“, sagt Hernandez. „Ich weiß, das geht nicht, aber wenn ich ihn dann doch wieder sehe, bin ich jedes mal aufs Neue ärgerlich.“ Der „Schrotthaufen“, wie Hernandez abfällig sagt, hat einen Namen: Nou Mestalla. Das „Neue Mestalla“ sollte die Heimstätte des FC Valencia werden. Eine moderne Arena, die 75 000 Fans Platz bietet. Doch statt Aushängeschild des traditionsreichen Vereins zu werden, ist das unfertige Stadion zum Symbol einer Zukunft verkommen, die vielleicht nie beginnt.

Vor dem heutigen Achtelfinal-Rückspiel der Champions League zwischen dem FC Schalke 04 und Valencia (20.45 Uhr, live bei Sat 1 und Sky) zwingt die Spanier eine Schuldenlast von zirka 450 Millionen Euro zum Weiterkommen. Gern würde man auf Seiten Valencias mit den Schalkern tauschen, deren Verbindlichkeiten sich nur auf 250 Millionen Euro belaufen. „Dann wären wir ja fast schon wieder schuldenfrei“, sagt Hernandez ironisch. Angesichts dieser Zahlen wirken die 3,3 Millionen Euro, welche der europäische Fußballverband Uefa zusätzlich für den Einzug ins Viertelfinale garantiert, wie Almosen. Und doch sind beide Vereine auf das Geld angewiesen. Valencia mehr noch als Schalke.

Es war in der Stunde des größten Erfolges, als der sportliche und wirtschaftliche Abstieg des FC Valencia begann. Im Jahre 2004 gewann der Klub die spanische Meisterschaft und den Uefa-Cup, zeitgleich übernahm Juan Soler das Präsidentenamt. Soler, ein Mann mit der gleichen Großmannssucht wie Real Madrids Präsident Florentino Perez, wollte dauerhaft Titel gewinnen. Dafür brauchte der Verein Geld. So begann Soler, der wie viele spanische Fußballbosse im Immobilienwesen reich geworden war, mit dem Bau einer neuen Arena am nördlichen Stadtrand. Das neue Stadion sollte laut Soler 350 Millionen Euro kosten, während er sich von dem Verkauf der alten Arena in der Stadtmitte bis zu einer halben Milliarde Euro versprach. Die 150 Millionen Euro Gewinn sollten in die Mannschaft fließen. Doch Soler fand nie einen Abnehmer für das zur Bebauung freigegebene Gebiet, auf dem sich das alte Stadion befindet.

Dumm nur, dass Soler in der Zwischenzeit mithilfe von Krediten bereits mit dem Bau des neuen Stadions begonnen hatte. Als die Finanzlage in Spanien und beim FC Valencia aufgrund der weltweiten Immobilienkrise immer dramatischer wurde, stoppte der Verein im Februar 2009 den Bau der neuen Arena. Soler war da längst nicht mehr Präsident, das Stadion aber bereits zu achtzig Prozent fertig. Ob dort jemals gespielt wird, ist unklar. Solers Nachfolger Manuel Llorente muss heute mit der enormen Schuldenlast haushalten.

Ähnlich wie bei Schalke erlebte der FC Valencia vor der Saison einen großen personellen Umbruch. Stars wie die spanischen Weltmeister David Villa (FC Barcelona), David Silva (Manchester City) oder Carlos Marchena (FC Villarreal) wurden für viel Geld verkauft, dafür kamen international unbekannte Spieler wie Roberto Soldado, Aritz Aduriz oder Mehmet Topal. Dass Valencia in dieser Saison sportlich trotzdem mithalten kann, liegt auch an der Qualität der Neuen, die alle nicht ganz billig waren.

Trotz der immensen Schulden gab Valencia im Sommer zirka 30 Millionen Euro für Neuzugänge aus. „Ein Lizenzierungsverfahren wie in Deutschland gibt es in Spanien nicht“, erklärt Robert Pongracz von der spanischen Profiliga. Solange Vereine wie Valencia außerhalb des Fußballbetriebes, etwa bei Banken, Schulden haben, ist das für die Liga nicht von Bedeutung. Diese interessiert sich nur für ausstehende Gehälter und Transfersummen – beides ist beim FC Valencia angeblich nicht der Fall.

Für Christopher Quiban Hernandez ist die Finanzlage des Klubs längst nicht mehr zu überblicken. Er wünscht sich nur, dass sein Team heute eine Runde weiter kommt. Hernandez hätte dann wieder etwas, worüber er sich morgens freuen könnte. Trotz des „Schrotthaufens“, der ihm rechts an der Autobahn begegnet.

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