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Vereint für die große Chance. Ribéry (l.) und Robben freuen sich aufs Endspiel. Vor Kurzem lagen sie sich noch in den lichten Haaren.

© dapd

Champions League-Finale: Es muss, es muss, es muss

Vor dem Heimfinale in der Champions League gegen Chelsea gibt sich der FC Bayern entschlossen und optimistisch. Die Münchener haben ja auch gar keine andere Wahl.

Sie hätten München jetzt gerne in rot und weiß. So verkünden es Bastian Schweinsteiger, Philip Lahm, Thomas Müller und Arjen Robben im Radiospot, so bittet die lokale Boulevardpresse, so wünscht es der Verein: Verhüllt die Stadt, die Autos, euch selbst in rot und weiß. Mia san mia ist ausgesetzt, ab jetzt heißt es bis Samstag, wenigstens bis Samstag, mia san rot-weiß, zum Finale dahoam. Das sollten selbst Preußen verstehen.

Den gestrigen Feiertag zugrunde gelegt, haben allerdings die Münchner das selber noch nicht verstanden. Rot-Weiß sind die Verkehrsschilder, das sind sie immer, rot-weiß sind die Absperrbänder an den zahlreichen Baustellen, sonst ist kaum Beflaggung zu sehen, FC-Bayern-Standarten flattern auch noch an keinen Autos, und der Himmel gibt sich ebenfalls keine besondere Note sondern strahlt weiß-blau, so wie er immer, oder meistens, weiß-blau strahlt in Bayern. Nichts besonders zwei Tage vor dem großen Ereignis, dem Finale der Champions League zwischen eben den Münchnern und dem FC Chelsea in, eben, dahoam, in der Münchner Arena? Immerhin trat Franck Ribéry im programmatischen T-Shirt zum Pressegespräch an, und Arjen Robben verkündete optimistisch, dass es am Samstag vielleicht ganz stimmungsvoll und inspirierend sein könnte, vor dem Spiel durch die geschmückte Stadt zu fahren.

Doch, doch, es ist schon ein besonderes Erlebnis, dem München, darf man diesmal sagen: ganz München?, man darf, entgegenfiebert. Die Uefa hat als Veranstalter die Münchner Arena okkupiert, das Schild der Namen gebenden Versicherung ist bereits abmontiert, die Leuchtdioden die sonst rot schimmern, wenn die Bayern spielen, sind ausgetauscht gegen neutrale in türkis. In der Säbener Straße, wo der FC Bayern zu Hause ist, stehen die üblichen Zuschauer und warten auf was und wen auch immer, aber sie stehen draußen, begutachten das Gebäude, aber keine Spieler, keinen Trainer, weil der Klub wohl erstmals in der Vereinsgeschichte nahezu die gesamte Woche keine Öffentlichkeit zulässt beim Training. Und die in München beheimatete „Süddeutsche Zeitung“ stimmt ein aufs Fest mit einer 24 Seiten umfassenden Beilage und bereitet die Sonderschenkung von 100 000 Sonderausgaben am Sonntag vor. Jetzt muss es nur noch gelingen.

Frohe Botschaften und düstere Farben

Es muss, es muss, es muss, oder, wie Franck Ribéry sagt: „Es geht nicht, dass du am Samstag verlierst, man muss alles tun, man muss alles geben, wenn du tot bist, bist du tot.“ Soll heißen, dass nach den Pleiten, Pech und Pannen in der Meisterschaft und im Pokal nicht noch eine Pleite folgen darf. Vor zwei Jahren, als der FC Bayern auch schon im Finale stand, damals in Madrid, damals gegen Inter Mailand, war Ribéry gesperrt, „das war nicht gut für mich“, aber nun, also „ich bin jetzt 29 Jahre alt, man kann nicht jedes Jahr im Finale stehen, das ist historisch für mich“. Wenn du tot bist, bist du tot.

Achtmal haben die Bayern inzwischen im Finale des Europapokals der Landesmeister gestanden, so hieß der Wettbewerb, bevor er zur Champions League aufgefüllt wurde, viermal gewannen sie den Pokal, das letzte Mal 2001, als sie den FC Valencia nach Elfmeterschießen bezwangen. Aber sie haben eben auch viermal verloren, und die bitterste Niederlage ist heute noch Trauma. Die von 1999, Barcelona, Nou Camp, es ging gegen Manchester United, und es ging 90 Minuten gut, reden wir nicht mehr über den Rest, das könnte die Konzentration stören. Das darf nicht sein, es muss, es muss, es muss.

Arjen Robben, zum Beispiel, der war gestern auch auf dem Gelände und setzte sich nach der geheimen Trainingsarbeit zur Öffentlichkeitsarbeit aufs Podium vor die Presse. Die Fausteinlage zwischen ihm und Ribéry ist inzwischen vergessen, zumindest offiziell, wie es drinnen aussieht, geht niemand was an, zumindest ist sein Veilchen abgeklungen. Dafür war er ein wenig erkältet, hat gehustet, geräuspert, sich ein wenig geschont, weil er „die Kraft nicht wegschmeißen“ wollte. Und ist nun wieder fit, „und wenn ich nicht 41 oder 42 Grad Fieber habe, stehe ich auf dem Platz.“ Denn es muss, es muss, es muss.

Schon vor Wochen, da war noch die Meisterschaft möglich, der Pokalsieg sowieso und Real Madrid im Halbfinale vor der Brust, malte manch einer im Klub düstere Bilder in defätistischsten Farben. Dreimal Zweiter, das dürfe nicht als Bilanz dieser Saison dastehen. Zweimal Zweiter sind sie schon, „Dortmund ist vergessen“, sagt Ribéry, „Dortmund und Berlin auch“, sagt Ribéry, „hoffe ich“, sagt er auch. Die Angst ist also doch da.

Und gegen die pfeifen sie an mit der Taktik des FC Chelsea, die nicht so offensiv ausgerichtet sein dürfte wie die der Borussen aus Dortmund, „das müssen wir lösen“, sagt Robben, „das können wir lösen“, sagt Robben, „hoffentlich“, sagt Robben nicht, aber irgendwie schwebt es trotzdem durch den Raum. Es sind ja auch noch Unwägbarkeiten zu klären, der gesperrte David Alaba muss ersetzt werden, ebenso Holger Badstuber und Luiz Gustavo. Anatoli Timoschtschuk, Daniel van Buyten und Diego Contento sollen es richten, „Diego ist ein guter Junge", sagt Ribéry, „ich werde ihm helfen.“ Was Timoschtschuk kann, ist allseits bekannt, „Daniel ist wieder stark“, sagt Robben. Es muss, es muss, es muss eben.

Ab heute, Freitag, dem Vortag des großen Ereignisses, aber bitte schön mit rot-weißem Anstrich.

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