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Kevin Kurany

© AFP

Champions League: Kontrollierter Jubel

Nach dem Sieg gegen Porto in der Champions League sind die Fans auf Schalke wenig euphorisch – wie so oft. Vielleicht sind aber auch nur die Erwartungen zu hoch. Auf jeden Fall ist offensive Verteidung das Motto des Schalker Teams.

Kevin Kuranyi hat es in Portugal zu einiger Berühmtheit gebracht. Auch zwischen Lissabon und Porto schmieren sie gern jene Nuss-Nougat-Creme aufs Brot, die der Hersteller vor der EM 2004 in Portugal mit Kuranyi und drei weiteren deutschen Nationalspielern bewarb. In einem Fernsehspot soll er erklären, wie man fern der Heimat den geliebten Brotaufstrich bestellt. Kuranyi, als Viertel-Brasilianer des Portugiesischen mächtig, diktiert seinen Kollegen einen Satz mit vielen Zisch- und U-Lauten, der ins Deutsche übersetzt bedeutet: „Ich möchte ihre Tochter heiraten. Sie hat einen schönen Schnurrbart.“

Am späten Dienstagabend nun war Kevin Kuranyi in den Katakomben der Schalker Arena von portugiesischen Reportern umlagert, sie hatten ihre Mobiltelefone zu Mikrofonen umfunktioniert und schickten den Nationalspieler aus Alemanha live in den Äther. Kuranyi erzählte gern und viel, und es steht zu vermuten, dass es dabei weniger um Töchter und Schnurrbärte ging. Eher darum, wie es sein FC Schalke 04 geschafft hatte, den FC Porto in der ersten Halbzeit an die Wand zu spielen und in der zweiten immerhin so gut wie keine Chance zuzulassen. Und warum, in Himmels Namen, die Fans diesen Sieg so verhalten zur Kenntnis nahmen. Warum haben sie nicht gesungen?

Zu viel verlangt?

Die Ansprüche in Gelsenkirchen sind mit normalen Maßstäben schwer zu messen. Dass Schalke nach zwei vergeblichen Anläufen endlich das Achtelfinale der Champions League erreicht hat, nimmt die Kundschaft hin. Aber der Weg dorthin und weiter soll schön anzuschauen und ohne jedes Risiko sein. Furioser Angriffsfußball oder zweckmäßiges Sicherheitsdenken? Das Schalker Publikum hätte gern beides.

Das hat nicht mal Real Madrid geschafft, in den Glanzzeiten von di Stefano, Puskas und Gento. Noch heute gilt Fußball-Nostalgikern das Finale im Europapokalfinale von 1960 zwischen Real und Eintracht Frankfurt als das beste Spiel aller Zeiten. Di Stefano und Puskas teilten sich die sieben Real-Tore, die Welt schwärmte vom rauschenden Wirbel und nahm gönnerhaft zur Kenntnis, dass auch die Frankfurter dreimal getroffen hatten. Auch die vielleicht beste Mannschaft aller Zeiten war kein ausbalanciertes Gebilde.

„Angst kann man nun mal nicht wegpusten“

Schalke verteilte die Gewichte am Dienstag gleichmäßig. Eine Halbzeit lang zeigte das Team schnelles, anspruchsvolles Kombinationsspiel. Der Nutella-König Kuranyi erzielte das frühe Tor zur 1:0-Führung, und die erschien den Schalkern in der zweiten Halbzeit als kostbares Gut, das vor dem Rückspiel nicht riskiert werden durfte. Dem Publikum war es nicht immer recht. Es murrte, als der zuletzt unsichere Torhüter Manuel Neuer den Ball zwei-, dreimal ungelenk in Richtung Mittellinie drosch.

Es pfiff leise, als die Schalker Angriffe rarer wurden. Die Angst vor einem Gegentor waberte wie ein Schleier durch das Flutlicht dieses kalten Winterabends. „Angst kann man nun mal nicht wegpusten“, sinnierte Mirko Slomka. Der Schalker Trainer hat die ewige Diskussion um die stehende Null von seinem Vorgänger Huub Stevens geerbt. Unter dessen Regie hatte Schalke daheim kein Gegentor zugelassen bei jener sagenumwobenen Uefa-Cup-Kampagne, die vor elf Jahren im finalen Sieg gegen Inter Mailand gipfelte. Stevens hat den Satz von der stehenden Null verflucht, er wird auf ewig an ihm haften bleiben.

Stürmend einen Vorsprung verteidigen

Schalke blieb gegen Porto zum ersten Mal seit sieben Spielen wieder ohne Gegentor. Slomka sicherte dieses Erfolgserlebnis mit einem bemerkenswerten taktischen Eingriff. Als Porto gegen Ende des Spiels immer stärker aufkam, wechselte der Trainer folgerichtig Stürmer Gerald Asamoah und Spielmacher Ivan Rakitic aus. Doch als Verstärkung kamen mitnichten zwei Verteidiger, sondern die offensiv ausgerichteten Carlos Großmüller und Halil Altintop. Stürmend einen Vorsprung verteidigen – das war so ganz nach dem Geschmack des Schalker Publikums.

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