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Zenit St. Petersburg

© dpa

Champions Legaue: Das neue Europa

CFR Cluj, Anorthosis Famagusta oder Bate Borissow - selten waren so viele Exotenvereine in der Champions League vertreten wie in diesem Jahr – inzwischen drängt auch an der Peripherie Europas genügend Geld in den Fußball.

Wenn man so will, hat Werder Bremen gerade genau das richtige Stadion für die Champions League: Große Löcher klaffen im Dach der Südtribüne, kahle Betonskelette ragen hervor, so als habe gerade ein Orkan die Abdeckung davongetragen. Dabei hat nur endlich der Umbau des Weserstadions begonnen, der bis 2010 abgeschlossen sein soll. Eine Baustelle als würdiger Rahmen für die Champions League? Der Wettbewerb der besten und teuersten Fußballmannschaften Europas wird zwar gerne als Königsklasse oder Champagner-Liga bezeichnet, in diesem Jahr aber schmeckt die Champions League ein bisschen nach profanem Bier. Neben dem Establishment des europäischen Fußballs haben sich auch einige No-Names in die Konkurrenz gemogelt. Vier der zweiunddreißig Vereine nehmen erstmals überhaupt an der Gruppenphase teil: Neben dem schon recht prominenten Uefa-Cup- Sieger St. Petersburg sind das die Exoten CFR Cluj aus Rumänien, Anorthosis Famagusta aus Zypern und der weißrussische Klub BATE Borissow, der sich in der Qualifikation gegen den RSC Anderlecht und Lewski Sofia durchgesetzt hat.

Michel Platini, der Präsident des europäischen Fußballverbandes Uefa, müsste eigentlich hocherfreut sein. Seit seinem Amtsantritt hat er verschiedene Ideen lanciert, wie aus dem geschlossenen System Champions League wieder eine offene Gesellschaft werden könnte. Beim Blick auf das aktuelle Teilnehmerfeld, dem auch Aalborg BK und der FC Basel angehören, der Vorortverein FC Villarreal und Schachtjor Donezk vom östlichen Rand des Kontinents, kann er sich solche Initiativen eigentlich sparen.

Werder Bremen, obwohl in der Champions League bisher nur leidlich erfolgreich, zählt im Vergleich dazu schon zu den alten Bekannten. Zum fünften Mal hintereinander nehmen die Norddeutschen an dem erlauchten Wettbewerb teil. Und trotzdem sieht die Geschäftsführung des Klubs das immer noch als ein kleines Wunder an. Die nationale Konkurrenz in Hamburg, Dortmund, Gelsenkirchen, Stuttgart oder Berlin verfügt über bessere Rahmenbedingungen, größere Stadien und Einzugsgebiete. Dennoch heißt die deutsche Konstante in der Champions League Werder. Und weil Schalke schon in der Qualifikation strauchelte, müssen sich die Bremer die für die Bundesliga garantierten 37 Millionen Euro nur mit den Bayern teilen. Mindestens fünf Millionen Mehreinnahmen wird Werder allein durch Schalkes Ausscheiden verbuchen, fast 20 Millionen sind schon jetzt gewiss.

Die wirtschaftliche Seite ist das eine, aber auch sportlich rechnen sich die Bremer einiges aus. Vor einem Jahr scheiterten sie schon in der Vorrunde, diesmal sehen sie sich hinter Inter Mailand als Nummer zwei ihrer Gruppe, vor Panathinaikos Athen und vor allem vor dem heutigen Gegner Anorthosis Famagusta. Famagusta ist der erste zyprische Klub überhaupt in der Gruppenphase der Champions League, für die er sich durch Siege gegen Österreichs Meister Rapid Wien und Olympiakos Piräus qualifiziert hat.

So überraschend Famagustas Erfolg auch gewesen sein mag, so sehr illustriert er doch eine Entwicklung im europäischen Fußball, die inzwischen auch die Ränder des Kontinents erfasst hat. Selbst an der Peripherie ist inzwischen genügend Geld vorhanden, das in den Fußball drängt. Anorthosis war noch vor fünf Jahren eigentlich bankrott, ehe Andreas Panteli, der Besitzer einer kleinen Fluglinie, Präsident des Klubs wurde. Mit der Teilnahme an der Champions League werden wohl auch die letzten Schulden getilgt werden.

Cluj, Rumänischer Meister und Pokalsieger, hat noch vor sechs Jahren in der dritten Liga gespielt, ehe der Unternehmer Arpad Paszkany beim früheren Eisenbahner Sport-Klub einstieg. Das Stadion wurde ausgebaut und modernisiert, die Zuschauerkapazität auf 25 000 verdoppelt. Nach dem Double-Gewinn in diesem Sommer kündigte Paszkany an, noch einmal 100 Millionen Euro in den Verein zu investieren. In Osteuropa sind finanzielle Engagements in dieser Größenordnung keine Ausnahmen. St. Petersburg hat dank Sponsor Gasprom Möglichkeiten, von denen Famagusta und Cluj nur träumen können. Schachtjor Donezk wird von der größten Unternehmensgruppe der Ukraine finanziert. Ende des Jahres soll das neue Stadion des Klubs fertig sein. Die Kosten betragen 300 Millionen Euro.

An solche Summen wagt Werder Bremen bei der Modernisierung des Weserstadions nicht einmal zu denken. 60 Millionen Euro kostet das Projekt, das bis 2010 eine Begradigung der Kurven, den Einbau einer Fotovoltaik-Anlage und neue Logen- und Businessplätze vorsieht. Stadt und Verein wickeln über eine eigene Gesellschaft das Vorhaben gemeinsam ab. Das Fassungsvermögen bleibt allerdings auf rund 42 000 Plätze begrenzt; die zunächst geplante Aufstockung um einen dritten Rang wäre zu teuer geworden, auch wenn Werder den Umsatz auf mittlerweile 111 Millionen gesteigert hat.

Der heutige Gegner Famagusta muss immer noch mit ganz anderen Zahlen rechnen. Der Etat für diese Saison beträgt rund sieben Millionen Euro. In dieser Kategorie bewegt sich in Deutschland der Zweitligaaufsteiger Rot-Weiß Oberhausen.

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