zum Hauptinhalt

Sport: Chaos mit fester Struktur

Nach tiefen Enttäuschungen verklärt die Hoffnung auf Besserung manchmal den Blick für die Realität. Bei Eugen Hach etwa ist das so.

Nach tiefen Enttäuschungen verklärt die Hoffnung auf Besserung manchmal den Blick für die Realität. Bei Eugen Hach etwa ist das so. "Die Strukturen bei Greuther Fürth sind viel fester. Die sind mit denen in Aachen gar nicht vergleichbar. Ich werde hier in Ruhe arbeiten können." Tiefe Überzeugung klingt aus der Stimme des neuen Trainers der SpVgg Greuther Fürth, die heute (15 Uhr) den 1. FC Union empfängt.

Uwe Erkenbrecher mag da anderer Meinung sein. Auf Platz fünf hatte er die Fürther im Vorjahr geführt und den Nürnberger Hinterhof beinahe zur Bundesligaspielstätte aufpoliert. Nach zwei Siegen aus vier Spielen zu Beginn dieser Saison überraschte Präsident Helmut Hack dann damit, die Arbeit seines Trainers neu zu bewerten: Das Auftreten der Mannschaft gefiel ihm nicht. Erkenbrecher wurde aus der Fürther Hack-Ordnung ausgeschlossen. Ein weiteres Beispiel für seine mäßige Rückendeckung des Trainers demonstrierte Hack an Paul Hesselbach. Der Vorgänger, Assistent und Nachfolger Erkenbrechers, stritt sich vorige Woche mit Kapitän Mirko Reichel, verabschiedete sich, und als er dann doch zurückkehren wollte, verwehrte ihm Hack den Zutritt. So also sehen gewachsene Strukturen aus.

Dass sich der 41 Jahre alte Hach im Playmobil-Stadion trotzdem wohl fühlt, ist so abwegig nicht. In Aachen hat er das Gegenteil kennen gelernt. Mit der Folge, dass er sich inzwischen mit dem zweifelhaften Superlativ der kuriosesten Entlassung schmücken darf.

Dabei hatte es lange so ausgesehen, als sollte Hachs Halbwertszeit am Aachener Tivoli den Ligadurchschnitt überdauern. Mit schnellen Erfolgen schien der Nachfolger des verstorbenen Aufstiegsvaters Werner Fuchs den Aachener Aufschwung 1999 zu adoptieren. Eilig jazzten lokale Medien den Neuling hoch. Gleichzeitig stattete der Verein Hach mit einem Vierjahresvertrag und einer umfangreichen Handlungsvollmacht aus. "Es kann nur einen geben, der die Richtung vorgibt", war einer von Hachs Lieblingssätzen. Sein Ansehen litt jedoch erstmals, als er den Aufstiegshelden Erwin Vanderbroeck aussortierte und ihm nicht einmal einen Kurzeinsatz im letzten Saisonspiel gewährte. "Es war ein Fehler, mit solchen Entscheidungen nicht offensiver umzugehen", sagt Hach heute.

Sein Mangel an Diplomatie brachte ihm nach seinem Würgeangriff gegen den Cottbuser Stürmer Franklin im Sommer 2000 drei Monate Berufsverbot ein. Ein weiterer Knacks, doch endgültig kippte die Stimmung, als sein Team in Folge einer missglückten Einkaufspolitik in die Abstiegszone abglitt. "Über zwei Jahre habe ich einen Manager gefordert - jetzt, wo ich weg bin, ist plötzlich einer da", sagt Hach über die Einstellung Jörg Schmadtkes. Glücklos wob er selbst an der Spielerdecke, die einem Flickenteppich glich. Panikkäufe wie der des Australier Mark Rudan häuften sich, derweil das Präsidium per Anzeige im "Kicker" Ausschau nach einem Manager hielt. Bewerbungen bitte mit Lebenslauf und Passbild.

"Eine Generalüberholung der Außendarstellung", wie sie sich die Vereinsspitze zu Saisonbeginn erhofft hatte, erwies sich auch deshalb als illusorisch, weil Hachs Verfallsdatum in der Öffentlichkeit längst abgelaufen war. Regelmäßig spielte sich die Tribüne zum Tribunal gegen den Trainer auf. Der Verwaltungsrat registrierte den Unmut und ließ nachträglich eine abstruse Klausel in Hachs Vertrag schreiben: Nach dem achten Spieltag musste er mindestens drei Punkte vor den Abstiegsrängen liegen. Das gelang nicht: Hach musste gehen. "Einige haben den Nerv verloren, anstatt unsere Sache durchzuziehen", sagt Hach. Doch mit der Vergangenheit will er sich nicht mehr beschäftigen. "Ich bin heiß auf Fürth. Hier kann ich mich auf meine Aufgabe konzentrieren und muss nicht für Dinge gerade stehen, die ich nicht verantworte." Immerhin hat Hach "diesmal keine Klauseln im Vertrag."

Ziele will er noch nicht ausgeben. "Die soll die Mannschaft durch ihr Auftreten selbst formulieren." Das heutige Spiel gegen Union mag als Gradmesser zu früh kommen. Mehr Erkenntnisse erhofft er sich vom ersten Auswärtsspiel. Bei Alemannia Aachen.

Daniel Pontzen

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false