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Grant

© dpa

Chelsea: Kick unter Kumpels

Chelseas Trainer Avram Grant gerät immer mehr unter Druck, weil sein Team in wichtigen Spielen versagt.

Von Markus Hesselmann

Avram Grant hat schon selbstbewusster gewirkt. „Ich kann es mir nicht erklären“, sagte der Trainer des FC Chelsea über die Abwehrschwächen seiner Mannschaft. Ein Erfolgstrainer, der siegesgewiss in das vielleicht wichtigste Spiel der Saison geht, sieht anders aus. Wenn am heutigen Sonntag der Londoner Rivale und Tabellenzweite FC Arsenal ins Stadion an der Stamford Bridge kommt, braucht der drittplatzierte FC Chelsea einen Sieg, um Anschluss an die Tabellenspitze zu halten. Ganz oben steht souverän Meister Manchester United, der am Sonntag daheim gegen den FC Liverpool spielt, den abgeschlagenen Vierten.

Bislang hatte Grant, der als Nachfolger des glamourösen José Mourinho besonders kritisch beobachtet wird, seine Pressekonferenzen dickfellig ausgesessen. Er, der Cheftrainer, wisse schon, was für den Klub das Beste sei, schien jedes seiner wenigen Worte und jede seiner sparsamen Gesten zu sagen. Kritische Fragen prallten an Grant ab. Nach dem 4:4 bei Tottenham Hotspur aber gab er nun seine Ratlosigkeit zu und wirkte äußerst dünnhäutig. „Jedes Mal, wenn wir nicht gewinnen, war es im Nachhinein ein wichtiges Spiel“, blaffte Grant, als ein Reporter wissen wollte, warum Chelsea stets versage, wenn es darauf ankomme.

Der 52-jährige Israeli, der erfolgreich die Nationalelf seines Heimatlandes trainierte, aber vor seiner überraschenden Verpflichtung im Herbst kaum Erfahrung im Klubfußball aufzuweisen hatte, sah nicht ein, dass Londoner Derbys immer wichtig sind. Zumal zu diesem vorentscheidenden Zeitpunkt der Saison. Und gegen ein Team, das Chelsea gerade erst in einem Finale in Wembley einen Titel weggenommen hatte. Tottenham gewann gegen Chelsea den Ligapokal, der in England einen höheren Stellenwert hat als anderswo. Da Grant auch den FA-Cup nicht mehr gewinnen kann – Chelsea schied im Viertelfinale gegen den zweitklassigen FC Barnsley aus –, muss einer der beiden schwieriger zu holenden Titel her: Champions League oder Premier League. Klubeigner Roman Abramowitsch würde eine Saison ohne greifbaren Erfolg kaum tolerieren.

Die Vorstellung gegen Tottenham lässt allerdings kaum Hoffnung aufkommen. Grant irritierte Chelseas Fans, indem er den zuletzt überzeugenden Michael Ballack auf der Bank ließ. Dann überraschte er mit der Auswechslung des starken Joe Cole in den letzten zehn Minuten. Chelsea führte 4:3, hatte aber zuvor eine 3:1-Führung verspielt und war weiterhin anfällig. Für Cole kam Ballack, doch der Kapitän der deutschen Nationalelf konnte nun auch keine Ordnung mehr ins Spiel bringen. In Chelseas Abwehr herrschte Chaos, vor allem bei Eckbällen. Prompt fiel das 4:4.

Ohnehin wirkte dieses Spiel wie ein Kick unter Kumpels im Park, bei dem niemand so richtig Lust hat zu verteidigen. Dann fällt ein Tor nach dem anderen und irgendwann ruft einer, dass das nächste Tor entscheidet. Mit dem Schlusspfiff hätte der frühere Leverkusener Dimitar Berbatow tatsächlich fast noch das Siegtor für Tottenham erzielt. Für eine Mannschaft im Mittelfeld der Tabelle, die mit dem Ligapokal zufrieden ist und schon für die neue Saison plant. Ob Kevin- Prince Boateng in diesen Plänen noch eine Rolle spielt, wird derweil fraglicher. Gegen Chelsea jedenfalls gehörte der frühere Herthaner nicht zum Kader.

Gut für Chelsea, dass Arsenal zuletzt auch nur einen Punkt holte. In der Abwehr des Gegners FC Middlesbrough zeichnete sich dabei Robert Huth aus und verdiente sich seine Rückkehr in den Kader der deutschen Nationalmanschaft. Gut für Arsenal, dass Chelseas Defensive zurzeit viel schwächer aussieht – und dass Robert Huth dort nicht mehr spielt.

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