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Die Fans stehen der Übernahme skeptisch gegenüber.

© AFP

China will FC Liverpool kaufen: Die Reds sehen Rot

Kaufen die Roten die Roten?“ fragt die "Daily Mail" schon besorgt – und weist auf einen neuen Player in der Premier League hin, gegen den Club-Eigentümer wie der russische Millionär Roman Abramowitsch (Chelsea) lächerlich wirken.

Der FC Liverpool steht offenbar vor der Übernahme durch die China Investment Corporation (CIC), dem Staatsfonds des kommunistischen Regimes. Kenny Huang, der chinesische Unternehmer, der im Auftrag und mit den Mitteln der CIC bei dem hoch verschuldeten Traditionsklub aus dem Nordwesten vorstellig geworden ist, bestätigte, gegenüber Liverpools Geschäftsführer Martin Broughton „Interesse“ angemeldet zu haben. „Ein formelles Angebot hat es noch nicht gegeben“, ließ der in seiner Heimat mit Investitionen in Baseball- und Basketball-Mannschaften bekannt gewordene Huang verkünden, doch die Anzeichen verdichten sich, dass der Deal in den nächsten Tagen vollzogen wird (siehe auch unseren Kommentar auf Seite 20). CIC hat in den vergangenen Monaten durch Verkäufe von Aktien der US-Bank Morgan Stanley exakt jene 422 Millionen Euro erlöst, die den Verbindlichkeiten des FC Liverpool entsprechen. Ohnehin würden die Chinesen die Lizenzauflagen für Eigentümer locker bestehen: CIC verwaltet die unfassbare Summe von 251 Milliarden Euro. „Eine rote Morgendämmerung könnte Liverpool von seinen Problemen erlösen“, schwärmt denn auch die „Times“. Wenn Peking es tatsächlich will, könnte es den Pleiteverein mit einem Schlag von seinen Schulden befreien, den Stadionneubau voranbringen und Trainer Roy Hodgson Verstärkungen des Kaders ermöglichen. Doch die Aussicht, im Stadion an der Anfield Road in Zukunft Chinas inoffizielle Nationalmannschaft begrüßen zu müssen, behagt nicht jedem. „Eine sportliche Institution wie der FC Liverpool darf nicht der chinesischen Regierung gehören“, schreibt Henry Winter, der einflussreiche Chefreporter des „Daily Telegraph“. Die Debatte um die moralisch-politische Dimension der Übernahme muss allerdings warten – in erster Linie geht es ums Geld: die bei den Fans der Reds verhassten Eigentümer, die Amerikaner George Gillett und Tom Hicks, kommen auf Druck der Gläubigerbank Royal Bank of Scotland nicht umhin, zu verkaufen. Das Duo hat Liverpool im Februar 2007 mit der Heuschreckenmethode kassiert: Die Darlehen für den Kaufpreis – 265 Millionen Euro – wurden auf den Verein abgewälzt. Im Zuge der Kreditkrise konnten die Amerikaner ihre Schulden jedoch nicht günstig refinanzieren. Weil der Klub zudem hoch defizitär ist, zog die Gläubigerbank im Frühjahr die Reißleine. So dürfte wohl über Anfields Wellblechdach bald eine rote Fahne mehr wehen. Raphael Honigstein

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