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Wenn Männer weinen. Dann ist der NBA-Titel gewonnen, so wie bei LeBron James (links) und Kevin Love.

© AFP/Shaw

Cleveland NBA-Champion: LeBron James führt die Cavaliers zum Titel

Cleveland ist Believeland: LeBron James führt die Cavaliers zum ersten Titel der Vereinsgeschichte. Im siebten Spiel der Finalserie der Basketball-Liga NBA siegt Cleveland 93:89.

LeBron James lag auf dem Hallenboden und krümmte sich nach allen Regeln der Kunst. Am Ende brauchte es sieben Mitspieler, um ihn wieder aufzurichten. Wenige Sekunden, nachdem der Superstar der Cleveland Cavaliers hart zu Boden gegangen war, stand er dann aber auch schon wieder an der Linie und verwandelte einen der vielleicht wichtigsten Freiwürfe seiner Karriere, wenn nicht den wichtigsten. Im entscheidenden siebten Spiel der NBA-Finals traf James zum 93:89, die Uhr zeigte noch 10,3 Sekunden an, und diesen Rückstand konnten dann nicht mal mehr die Golden State Warriors egalisieren, die in der abgelaufenen Saison ja einige Wunder zu Stande gebracht hatten.

Kurz darauf lag James dann heulend auf dem Parkett, diesmal waren es keine Tränen des Schmerzes, sondern der Freude. Als erstes Team der NBA-Geschichte gelang Cleveland das Kunststück, einen 1:3-Rückstand in einer Finalserie noch umzubiegen. Für James ist es nach 2012 und 2013 (damals als Spieler der Miami Heat) die dritte NBA-Meisterschaft, für die Basketball-Franchise auf dem US-Bundesstaat Ohio die erste überhaupt. "Ich hatte ein Ziel, als ich vor zwei Jahren zurückkam, und das war einen Titel in diese Stadt zu bringen", sagte James, geboren, aufgewachsen und tief verwurzelt in Akron (Ohio) und mit 27 Punkten, 11 Rebounds und 10 Assists wieder einmal überragender Mann des Abends. Für Cleveland bedeutete der Sieg der Cavaliers tatsächlich das Ende einer unfassbar langen Wartezeit: Bis gestern hatte seit 52 Jahren keines der großen Sportteams der Stadt eine nationale Meisterschaft gewonnen, berechtigterweise machte bereits der Begriff vom "Fluch" die Runde. Der Sportsender "ESPN" hat erst kürzlich eine äußerst sehenswerte Dokumentation zu diesem Thema mit dem Titel "Believeland" veröffentlicht.

Believeland war am späten Sonntagabend (Ortszeit) Realität, und zwar vor der Basketball-Arena Clevelands, wo 20000 Anhänger der Cavaliers das Match auf Großbildleinwänden verfolgt hatten, die zum Teil für ursprünglich fünf Dollar teure Tickets mehrere hundert Dollar ausgegeben hatten. "Ich kann es nicht erwarten, nach Hause zu kommen", brüllte Coach Tyronn Lue in die Fernsehkameras. 2500 Meilen östlich vom finalen Spielort Oakland drehten die Menschen daraufhin noch einmal auf Kommando durch. Keine gewagte Prognose, dass die öffentlichen Plätze der Stadt am Montag nach der Landung ihrer neuen Helden mächtig voll mit gut gelaunten Menschen sein werden. "Dieser Titel ist einer für die Geschichtsbücher", sagte Spielmacher Kyrie Irving, der kurz vor Schluss einen wichtigen Dreier zum 92:89 versenkt hatte.

Golden State konnte eine historisch gute Saison nicht mit dem Titel krönen

Für Golden State bedeutete die Niederlage das tragische Ende einer historischen Spielzeit inklusive des Rekords von 73 Siegen in der regulären Saison – und die vergebene Chance, den Titel aus dem Vorjahr zu verteidigen. In der entscheidenden Phase agierte die Mannschaft von Trainer Steve Kerr nicht clever und ruhig genug und leistete sich viele Ballverluste, am Ende konnten sich die Warriors nicht einmal mehr auf ihre Distanzwürfe verlassen. "Cleveland verdient diesen Titel, die Stadt verdient diesen Titel", sagte Kerr mit hörbarem Kloß im Hals und allem gebotenen Anstand. "So ist das Leben."

Beide Teams lieferten sich vor 20.000 Zuschauern in der Arena von Oakland vom Sprungball an ein hochintensives und umkämpftes Spiel, wie man es in entscheidenden siebten Duellen um eine Meisterschaft erwarten darf. Andererseits war das durchaus erstaunlich, weil Golden State und Cleveland in der Serie zuvor alles zu Stande gebracht hatten, wilde Wortgefechte, technische Fouls, besten Trash-Talk, aber eben noch keine enge Partie. Das war in der Nacht zu Montag anders. Selbst die beiden Verrückten, die im Internet zwei Final-Karten für schlappe 99 000 Dollar erstanden und das anschließend publik gemacht hatten, dürften sich angesichts der dramatischen Partie nicht über die außerplanmäßigen Ausgaben geärgert haben. Insgesamt wechselte die Führung im siebten Spiel 22 Mal, zwölf Mal stand es Unentschieden.

Der Meister aus Oakland konnte sich dabei zunächst auf seine Stärke bei den Dreiern verlassen

Der Meister aus Oakland konnte sich dabei zunächst auf seine mit Abstand schärfste Waffe verlassen, die das Team bereits in der regulären Saison zu historischen Bestmarken getragen hatte: den Drei-Punkte-Wurf. Zur Pause hatten die Warriors bereits zehn Mal von jenseits des Halbkreises getroffen. Dabei taten sich allerdings nicht die üblichen Spezialisten, also die Dreier-Spezialisten Stephan Curry und Klay Thompson hervor, sondern der dritte Ausnahmespieler im Kader: Draymond Greene. Am Ende des Tages standen für den Allrounder 32 Punkte, die allerdings nicht reichen sollten. Green, der emotionale Anführer der Warriors, hatte im sechsten Spiel der Serie noch wegen einer Sperre gefehlt, wegen zu vieler technischer Fouls im Verlauf der Play-Offs. Green, das räumte er reumütig ein, hatte etwas gutzumachen, und genau so entschlossen trat er auf.

Was Greene für Golden State war, war auf der anderen Seite LeBron James: der dominante Spieler der seines Teams. Obwohl die Cavaliers in der ersten Halbzeit keine guten Wurfquoten aus dem Feld und von der Drei-Punkte-Linie erreichten, blieben sie nach einer knappen Führung im ersten Viertel (21:20) bis kurz der Pause in Schlagdistanz. Im zweiten Viertel setzte sich der Meister dann kurz bis zur Pause auf 49:42 ab. Im dritten Viertel ging es schließlich wild hin und her, Cleveland startete mit einem 8:0-Lauf, Golden State antwortete, und je dichter das Schlussviertel rückte, desto mehr wirkten die beiden Teams wie zwei erschöpfte Boxer, die auf die letzte Runde eines spektakulären Kampfes zusteuern.

Da setzte Cleveland dann die entscheidenden Treffer, zunächst in Person von James, später durch Kyrie Irving. James durfte zudem einen weiteren Meilenstein für sich in Anspruch nehmen: als dritter Spieler der NBA-Geschichte gelang ihm ein sogenanntes Triple-Double in einem NBA-Finalspiel, also zweistellige Werte in drei wichtigen statistischen Kategorien. LeBron James, der selbsternannte König, der "Auserwählte", wie es auf seinem tätowierten Körper steht, hat sich am Sonntag endgültig die Krone aufgesetzt.

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