zum Hauptinhalt

Sport: Coaching vom Krankenbett

Betreuung durch einen, der eigentlich betreut werden müsste oder Coaching aus dem Krankenbett: Pierre Pagé erlebte am Freitag den wohl außergewöhnlichsten Abend in seiner Laufbahn als Eishockeylehrer. Schon seit Tagen leidet der Trainer des EHC Eisbären an einer fiebrigen Entzündung im Ohr.

Betreuung durch einen, der eigentlich betreut werden müsste oder Coaching aus dem Krankenbett: Pierre Pagé erlebte am Freitag den wohl außergewöhnlichsten Abend in seiner Laufbahn als Eishockeylehrer. Schon seit Tagen leidet der Trainer des EHC Eisbären an einer fiebrigen Entzündung im Ohr. Kürzer treten wollte der Frankokanadier deshalb jedoch nicht, schließlich muss seine Mannschaft ja noch den Einzug in die Play-offs der Deutschen Eishockey-Liga (DEL) schaffen. Die Vernachlässigung der eigenen Gesundheit sollte für Pagé nicht ohne Folgen bleiben. Nachdem er tagelang zwischen Krankenhaus und Eisstadion gependelt, behielten die Ärzte in der Parkklinik Weißensee ihn am Donnerstag gleich da und verordneten strikte Bettruhe.

Der Patient freilich schlug den Medizinern schon am Freitag ein Schnippchen. Pagé ließ sich von den Eisbären einen Decoder für einen Privatfernsehsender bringen, angeblich nur, um die Übertragung des Heimspiels seiner Mannschaft gegen die Kölner Haie zu verfolgen. Als untätiger Konsument zeigte sich Pagé dann aber nicht. Während des Spieles klingelte bei Eisbären-Manager Peter John Lee das Handy im Minutentakt. "Schon im ersten Drittel hat sich Pierre wahnsinnig aufgeregt", sagt Lee. "Viel zu offensiv spielt ihr, das kann doch nicht wahr sein, hat er gesagt." Es war aber wahr. Die Eisbären zollten in einer äußerst ansehnlichen Partie schließlich ihrem Angriffsdrang Tribut, verloren gegen die Haie mit 3:5, rutschen wieder aus den Play-off-Rängen und bescherten einem Patienten in der Klinik Weißensee eine unruhige Nacht.

Am Sonnabend fragte Pagé seine Ärzte dann, ob ihn ein Krankenwagen nicht für ein paar Minuten bei seiner Mannschaft im Sportforum vorbeibringen könnte. Der Wunsch wurde dem Patienten nicht erfüllt. "Die haben ihm schon am Mittwoch gesagt, dass er im Bett bleiben soll", sagt Eisbären-Sprecher Moritz Hillebrand. "Sie bekommen drei Infusionen am Tag, jetzt ist aber Schluss", sollen die Mediziner ihrem störrischen Patienten mitgeteilt haben.

Die verhängte Ausgangsperre tat dem Ideenreichtum Pagés keinen Abbruch. "Darf ich nicht zur Mannschaft, dann kommt die Mannschaft eben zu mir", sagte sich der Kanadier. So kam es dann auch. Gestern Mittag versammelten sich die Spieler der Eisbären um das Krankenbett ihres Trainers. Eine abenteuerliche Szene, die Manager Peter John Lee völlig in Ordnung fand. "Pierre will nicht, dass die Jungs am Sonntag beim Spiel in Schwenningen im Kopf haben, dass sie gegen Köln gut gespielt haben", sagt Lee. "Er will doch nur, dass seine Botschaft ankommt."

Es bleibt zu hoffen, dass die Spieler gestern im Krankenhaus genau hingehört haben, denn im Kampf um den Einzug in die Play-offs wird es langsam eng für die Berliner. Deshalb stocken auch die Vertragsverhandlungen - Trainer, Manager und viele Spieler wissen nicht, was aus ihnen wird. Pagé dachte gestern noch darüber nach, Manager Lee heute neben die Kotrainer Tom Skinner und Hartmut Nickel an die Bande zu stellen. "Damit Pierres Botschaft ankommt", sagt Lee. Oder die Anrufe Pagés: Das Spiel der Eisbären in Schwenningen wird nämlich nicht im Fernsehen übertragen. Moritz Hillebrand wird den Trainer per SMS auf seinem Handy über den Verlauf der Partie informieren. "Pagé ruft mich dann mit Sicherheit nach jedem Tor an", sagt der Sprecher der Eisbären. "Das ist aber noch das geringste Problem. Wir machen uns Gedanken, wie wir das Video vom Spiel in Schwenningen schellst möglich vom Schwarzwald per Eilboten ins Krankenhaus Weißensee bekommen." Denn das will sich der Patient der Parkklinik Weißensee mit den momentan wohl ungewöhnlichsten Wünschen natürlich noch am Sonntag anschauen.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false