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Copa Americana

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Copa Americana: Der Glaube ist zurück

Brasilien besiegt im Finale der Copa America den Erzrivalen Argentinien – und die Kritiker in der Heimat.

Als der angestaute Frust über die nicht enden wollende Kritik aus der Heimat herausgeschrien war und die Freude nach dem 3:0 (2:0)-Finalsieg bei der Copa America gegen den fußballerischen Erzfeind Argentinien in Gesang und Jubelsprüngen ihren Weg nahm, packten sich die brasilianischen Helden an den Händen und beteten in der Kabine das Vaterunser. Der bei der Weltmeisterschaft im vergangenen Jahr entschwundene Glaube an die eigene Stärke war wiederhergestellt.

Nur wenige Meter weiter hielt Nationaltrainer Carlos Dunga Hof. „Wir sind hierhergekommen, um den brasilianischen Fans das Selbstwertgefühl zurückzugeben. Unser Volk hat so wenig Anlass zur Freude. Heute haben wir den Leuten Glücksgefühle gebracht“, sagte der 43-Jährige zu den Journalisten, die ihn bei der Pressekonferenz nach dem Finale mit Applaus und Bravorufen empfangen hatten – dieselben Journalisten, die ihn seit seinem Amtsantritt vor knapp einem Jahr misstrauisch beäugt hatten. Nach dem Erfolg über den großen Rivalen zeigte auch der Weltmeisterkapitän von 1994 seine menschliche Seite. „Ich widme diesen Titel den Kindern von Afrika, Palästina, Israel und Brasilien. Sie haben eine reine Seele und brauchen diese Begeisterung. Die Essenz des Fußballs ist das Vergnügen“, sagte er mit bedeutungsschwangerer Stimme. War dies eine verdeckte Kritik an den Personen, denen er vorwirft, mit „böswilligem Geist“ immer seine Kommentare auf das Negative hin zu interpretieren? „Wir haben es den Kritikern daheim gezeigt“, sagte Mineiro, der Mittelfeldspieler von Hertha BSC. „Unser Nationaltrikot wurde respektlos behandelt.“

Dungas Probleme vor und während der Südamerika-Meisterschaft waren zahlreich. Die urlaubswilligen Stars Kaká und Ronaldinho sagten ab, Zé Roberto kehrte lieber zum FC Bayern München zurück, hinzu kam der Zwist mit Real Madrid um die Abstellung von Robinho für das Vorbereitungstrainingslager, der verspätete Abflug aus Rio de Janeiro zu nachtschlafender Zeit wegen des Flughafenchaos in der Heimat und zu allem Überfluss das 0:2 zum Turnierauftakt gegen Mexiko.

Doch diese Niederlage erwies sich am Ende als Schlüsselerlebnis. „Danach sind wir enger zusammengerückt“, sagte der frühere Leverkusener Juan, der für den gelbgesperrten Gilberto Silva im Finale die Kapitänsbinde trug und gemeinsam mit dem Arsenal-Spieler den Siegerpokal hochstemmte. „Wir haben uns im Turnier gefunden“, sagte Gilberto von Hertha BSC. „Ins Finale haben wir dann unser ganzes Herz gelegt.“

Im Endspiel waren es dann nicht der argentinische Maestro Juan Román Riquelme, nicht Lionel Messi, aber auch nicht der brasilianische Dribbelkönig Robinho, die die Begegnung prägten. Die Geschichte schrieben Spieler, die eigentlich gar nicht für die Hauptrollen vorgesehen waren. Mineiro zum Beispiel, der Riquelme 90 Minuten nicht zur Entfaltung kommen ließ. „Ich habe das gemacht, was der Trainer von mir verlangt hat: eng decken und nicht so viel selbst angreifen“, sagte Herthas Mittelfeldspieler.

Oder Júlio Baptista, der für Zé Roberto aus dem Urlaub geholt wurde und den unvorhersehbaren Erfolg gegen die Argentinier mit einem sehenswerten Schuss in der dritten Minute einleitete. Erst recht Daniel Alves vom Uefa-Cup- Sieger FC Sevilla. Als sich der Mittelfeldspieler Elano nach einer halben Stunde verletzte, kam der Rechtsverteidiger ins Spiel und nahm die ungewohnte Position ein. Eine scharfe Hereingabe des 24-Jährigen lenkte Argentiniens Kapitän Roberto Ayala ins eigene Tor ab (39.), das 3:0 schoss Alves dann selbst (69.).

Für den Argentinier Esteban Cambiasso war das alles unfassbar. „Ist das gerecht?“, jammerte er. Immerhin sagte er überhaupt etwas. Die meisten Spieler des unterlegenen Finalisten flüchteten wortlos, selbst Trainer Alfio Basile. Seine Mannschaft hatte vor dem Finale fünf teils glanzvolle Auftritte gezeigt, trotzdem blieb Basiles Mission unerfüllt. Vielleicht wäre die Geschichte anders zu Ende gegangen, wenn Riquelmes Schuss in der neunten Minute nicht am Pfosten, sondern etwas weiter rechts im Tor gelandet wäre.

Die argentinische Mannschaft steht nun vor einem Umbruch: Ayala, Roberto Abbondanzieri, Javier Zanetti, Hernan Crespo und Juan Sebastian Veron sind alle älter als 30. Sie gehören zu einer Generation, die Hoffnung gemacht hat, nach 14 erfolglosen Jahren wieder einen Titel für Argentinien zu holen. „Fußball ist halt so, voller Launen“, sagte Ayala, bevor er in den Mannschaftsbus stieg.

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