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Wenn harte Männer weinen. Der deutsche Torhüter Rob Zepp von den Eisbären Berlin (links) muss seinen Stürmerkollegen Alexander Barta nach dem Debakel gegen die Österreicher trösten. Foto: dpa

© dpa

Sport: Cordoba in Bietigheim

Debakel gegen Österreich: Das deutsche Eishockeyteam qualifiziert sich erstmals nicht für Olympia.

Bietigheim-Bissingen - Es war ein geradezu absurdes Bild, das sich auf dem Eis von Bietigheim-Bissingen ergab. Deutschland hatte gerade das Siegtor zum 3:2 nach Verlängerung geschossen. Und wer feierte? Die Österreicher. Sie werden trotz der Niederlage gegen die deutsche Eishockeynationalmannschaft bei den Olympischen Spielen im kommenden Jahr dabei sein. Österreich, nicht Deutschland, der große Favorit beim Qualifikationsturnier für Sotschi. Eine Sensation, die an die legendäre WM-Niederlage der Fußballer gegen Österreich in Cordoba 1978 erinnerte.

Erstmals in der Geschichte des Deutschen Eishockey-Bunds (DEB) hat sich ein Männerteam nicht für Olympia qualifiziert. Um zum 17. Mal auf der größten Sportbühne der Welt aufzutreten, hätten die Deutschen am Sonntag im entscheidenden Spiel gegen Österreich nach regulärer Spielzeit gewinnen müssen. Stattdessen ging es beim Stand von 2:2 nach 60 Minuten in die Verlängerung. Vorbei, die Qualifikation. „Es ist hart, das zu akzeptieren“, sagte Bundestrainer Pat Cortina. „Es sah heute die ganze Zeit so aus, als würden wir es schaffen. Am Ende stehen wir aber dennoch mit leeren Händen da.“

Olympia ohne deutsche Eishockeymänner: Das hat es seit 1948 nicht mehr gegeben. Vor 65 Jahren war Deutschland jedoch aus politischen Gründen nicht angetreten. Dabei waren die Deutschen gegen Österreich überlegen. Schnörkellos und taktisch deutlich disziplinierter als in den Partien zuvor traten sie auf, ließen aber erneut viele Chancen aus. Die Tore von Benedikt Kohl und Kapitän Michael Wolf reichten nicht. Zweimal hatte die Nationalmannschaft geführt, zweimal kassierte sie den Ausgleich.

Letztlich wurden die Deutschen damit nur Zweiter hinter Österreich und vor Italien. Dass Deutschland am Ende in der Verlängerung noch mit 3:2 (1:0, 0:1, 1:1/1:0) gewann, war bedeutungslos – und lieferte maximal Kuriositäten. Als die Nationalhymne für den Sieger der Partie erklang, weinten einige deutsche Profis oder starrten mit fahlen Gesichtern ins Nichts. „Die Nationalhymne hören zu müssen, wenn das Olympia-Ticket vergeigt ist, ist das Schlimmste, was ich je erlebt habe“, sagte Verteidiger Felix Petermann. Vor dem Turnier hatte niemand dieses Desaster für möglich gehalten, auch nicht die Beteiligten. „Olympia ist ein Muss“, hatte der Bundestrainer dem Tagesspiegel gesagt.

Trotzdem wird Cortina seinen Job wohl behalten. „Ja, jetzt spielen wir erstmal die WM im Mai“, sagte der Präsident des DEB, Uwe Harnos, auf die Frage, ob man trotz des Scheiterns weiter mit Cortina arbeiten werde. Und auch der Coach ließ keinen Zweifel an seinen Ambitionen: „Ich habe ja einen Vertrag und bin froh, hier zu sein.“ Der Italo-Kanadier hatte den Job als Nationaltrainer erst in dieser Saison übernommen – und bekam vom Verband einen Vertrag über drei Jahre. Wie es mit dem deutschen Eishockey insgesamt weitergeht, ist dagegen fraglich.

Drei Jahre nach der grandiosen Heim-WM mit Platz vier und dem historischen Sieg gegen den Rekordweltmeister Russland 2011 hat es einen historischen Tiefpunkt erreicht. „Bei Olympia musst du dabei sein, sonst bist du keine richtige Sportart“, sagte DEB-Generalsekretär Franz Reindl. „Nirgends hast du mehr Fernsehpräsenz.“ Nicht nur der Imageverlust ist enorm, auch die finanziellen Folgen treffen den wirtschaftlich nicht gerade gut ausgestatten Verband hart. Es droht eine Kürzung der öffentlichen Förderung, und auch die Sponsorensuche wird künftig schwieriger.

Eishockey gilt bei Winterspielen als bedeutendste Sportart. Deutschland wird in dieser Disziplin nun nur noch durch die Frauen vertreten. Sie haben ihr Qualifikationsturnier gewonnen und dürfen nach 2002 und 2006 zum dritten Mal antreten bei Olympischen Spielen. Tsp/dpa

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