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Sport: Da geht doch was!

Michael Rosentritt über die Chancen der Deutschen nach der EMAuslosung Wie nackt wir sind. Wie blank und blass und ängstlich – wir, der dreifache Welt- und Europameister.

Michael Rosentritt über die Chancen der Deutschen nach der EMAuslosung

Wie nackt wir sind. Wie blank und blass und ängstlich – wir, der dreifache Welt- und Europameister. Nichts ist mehr, wie es war. Das Losglück hat den deutschen Fußball verlassen. Statt der Schweiz, Russland und vielleicht den Schweden wurden uns die Niederlande, Tschechien und Lettland zugelost. Viel schlimmer hätte es nicht kommen können. Denken wir nur mal an das 6:0 der Niederländer vor wenigen Tagen gegen die Schotten. Die tapferen Schotten, gegen die wir uns durch die Qualifikation quälten, wurden förmlich überrollt von unserem Nachbarn. Oder denken wir daran, dass diese superstarken Niederländer in ihrer Qualifikationsgruppe an den supersuperstarken Tschechen gescheitert sind und erst über die Play-offs die Endrunde erreichten. Wären noch die Letten, die sollten wir schlagen können. Aber halt! War es nicht Lettland, das den Weltmeisterschafts-Dritten Türkei in den Ausscheidungsspielen ausstach? Wie sollen wir die Vorrunde überstehen?

Rudi Völler trug es mit Fassung, was sich gestern im Palao Atlantico von Lissabon abspielte. „Wir können nicht jubeln“, sagte Völler, und tat es auch nicht.

Wir wollen aber jubeln! So wie bei der WM vor einem Jahr. Auch da waren wir nicht gerade als Favorit gestartet, landeten aber im Finale. Okay, ein bisschen Losglück hatten wir schon. Von wegen Niederlande und Tschechien – Saudi-Arabien und Kamerun waren unsere Vorrundengegner. Und mit Paraguay, USA und Südkorea war es weitergegangen. Warum liegen diese Länder nicht in Europa?

Sehen wir es mal positiv. Wir treffen in der Vorrunde nicht auf Frankreich, Italien, England oder Spanien. Gegen diese Mannschaften hatten wir zuletzt gar nicht gut ausgesehen. Und vielleicht hat es ja etwas Gutes, gleich gegen einen Mitfavoriten wie die Niederlande beginnen zu müssen. Das erspart uns allen das Gemurkse, mit der sich unsere Mannschaft durch so manche Vorrunde gequält hat. Und überhaupt: Drehen wir die Sache doch mal um. Na klar sind uns die Niederländer und Tschechen spielerisch, technisch und taktisch haushoch überlegen. Aber in ein paar Tagen, wenn sie sich ausgelacht haben, werden sie ins Grübeln kommen. Sie werden daran denken, wofür wir Deutsche stehen. Auf der ganzen Welt gibt es niemanden, auf den das Qualitätsmerkmal Turniermannschaft besser zutrifft als auf uns. Sieben Mal haben wir ein WM-Finale erreicht, fünf Mal das Endspiel einer EM. In der Welt ist nur Brasilien erfolgreicher, in Europa niemand. Also, her mit diesen Niederländern und Tschechen!

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