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Sport: „Da ist gar nichts geflossen“

Schwarzgeldaffäre: Viele Dementis und neue Vorwürfe

Von Erik Eggers

Köln. Georg Bischoff ist außer sich. Für ihn ist der Vorwurf, sein Neffe Jens Nowotny habe von Bayer Leverkusen, als er 1996 vom Karlsruher SC dorthin wechselte, auf dunklen Wegen zehn Millionen Mark Handgeld erhalten, völlig aus der Luft gegriffen. Wegen dieses Anfangsverdachtes ermittelt seit dem Februar 2002, wie Oberstaatsanwältin Regine Appenrodt am Samstag bestätigte, die Kölner Staatsanwaltschaft. „Da ist gar nichts geflossen“, sagt Bischoff, der Nowotnys Berater ist, am Telefon, „überhaupt, was glauben die denn? Glauben die wirklich, dass ein 22-Jähriger für einen Vereinswechsel zehn Millionen Mark bekommt? Das wären ja 20 Millionen brutto!“ Er, der sich nach eigenen Worten „verantwortlich fühlt für die Finanzen vom Jens“, wusste bis Freitag nichts von einem Ermittlungsverfahren, „wir haben nie einen Brief oder so etwas bekommen". Am liebsten würde er die Sache gleich heute mit dem Finanzamt klären. Auch Bayer Leverkusen widersprach den Vorwürfen. „Sämtliche Zahlungen seitens Bayer 04 Leverkusen an Jens Nowotny“, heißt es in einer Mitteilung, „sind nach den steuerlichen Vorgaben korrekt behandelt worden." Meinolf Sprink, der Sportbeauftragte bei Bayer, hatte in einer ersten Stellungnahme diesen Betrag für „schlichtweg wahnsinnig“ gehalten, so viel hätte Bayer „niemals für einen 22-Jährigen bezahlt". Dementis allenthalben.

Die Sache Nowotny war indes nur ein Teil eines publizistischen Frontalangriffs gegen Bayer Leverkusen. Denn gleichzeitig wurde der Klub dem Vorwurf ausgesetzt, auch im Falle des Gehalts seines ehemaligen Trainers Christoph Daum Schwarzgeld gezahlt zu haben. Die „Süddeutsche Zeitung“ zitierte aus einer Klageschrift des prominenten Anwalts Matthias Prinz gegen seinen ehemaligen Mandanten Daum. Gegenstand der Klage, die am 16. August vor dem Hamburger Landgericht erstmals verhandelt werden soll, ist ein Anwaltshonorar für Prinz, der im Sommer 2000 für Daum den Vertrag mit seinem zukünftigen Arbeitgeber Deutscher Fußball-Bund ausgearbeitet hatte. Der Vertrag, der wegen des Kokain-Skandals nie wirksam wurde, sah neun Millionen Mark pro Jahr als Gehalt für Daum vor. Diesen Betrag verdiente Daum nach eigenen Worten damals in Leverkusen, und diese Summe forderte er auch, weil er als künftiger Bundestrainer nicht für weniger Geld arbeiten wollte.

Nach Angaben von Prinz hatte Daum ihm damals, als es um die Höhe des Salärs ging, von Schwarzgeldpraktiken bei Leverkusen erzählt. Daum sprach damals, so steht es in der Schrift, mit der Prinz sein nach dem Streitwert zu bemessendes Honorar einklagt, angeblich von offiziell vier Millionen Jahresgage, der Rest seines Gehalts sei über schwarze Konten im Ausland an ihn geflossen. Wenn das so stimmt, droht Bayer Leverkusen und der ganzen Bundesliga ein veritabler Skandal, denn dann liegt der Verdacht auf Steuerhinterziehung nahe. Auch im Fall von Daum dementierte der Verein die Vorwürfe energisch. Sportbeauftragter Sprink war überzeugt davon, „dass unsere Fußball-Abteilung alles ordnungsgemäß verbucht und versteuert“, überhaupt sei das tatsächliche Gehalt Christoph Daums, so sagte er dem Tagesspiegel, „exorbitant weit weg“ von den vermuteten neun Millionen Mark gewesen.

Alle steuerlichen Vorgaben, heißt es in der offiziellen Erklärung, seien korrekt befolgt worden. Auch Gerhard Mayer-Vorfelder, damals geschäftsführender DFB-Verantwortlicher, hat gegenüber dem Sportinformationsdienst die neun Millionen Jahresgehalt dementiert, „diese Zahl“, so der DFB-Präsident, „hat es nie gegeben“. Hat Daum nur wild gepokert? Unterdessen aber sieht sich Bayer Leverkusen mit weiteren Vorwürfen konfrontiert. „Herr Calmund bot mir Schwarzgeld an. 500 000 Euro“ – so zitiert der Kölner „Express“ den Spielerberater Werner Hellekes, der jedoch in der Branche keinen guten Ruf besitzt. Damit habe der Bayer-Manager ihm, so Hellekes, die Vermarktungsrechte an Zé Roberto abkaufen wollen. Hellekes will dafür zwei Zeugen haben. Der Verein drohte bereits mit Konsequenzen, sprich Klagen. Es wäre nicht die erste juristische Begegnung zwischen beiden Parteien. 1994 hat Hellekes einen Prozess gegen Bayer gewonnen, in dem er 200 000 Euro als Provision für den Lupescu-Transfer eingefordert hatte. Die Schwarzgeldaffäre, so scheint, steht erst am Anfang.

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