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Sport: Da waren es schon neun

Die Bayern spielen 3:3 gegen Rostock – und büßen zwei weitere Punkte auf Bremen ein

München. Einen Moment lang musste man sich Sorgen machen um die Feldspieler des FC Bayern München. Oliver Kahn jonglierte den Ball auf seinem Fuß, trügerisch gleichgültig wirkte er dabei, doch in ihm brodelte es, ein Ausbruch schien eine Frage der Zeit zu sein. Soeben hatten seine Vorderleute das 3:2 für Hansa Rostock zugelassen, bemerkenswert tatenlos, wie schon die beiden Gegentore zuvor, und nachdem der Torwart zuvor wütend geschimpft hatte, drohte nun, 18 Minuten vor dem Ende, eine handfeste Variante des Abreagierens.

Dass sich der Zorn des Nationaltorwarts eine halbe Stunde später in analytische Säuerlichkeit verwandelt hatte, war der Ungeschicklichkeit Razundara Tjikuzus geschuldet. Der Rostocker Verteidiger rempelte in der 76. Minute Zé Roberto im Strafraum um, den fälligen Elfmeter verwandelte Roy Makaay zum 3:3-Endstand. Ein abrundendes Desaster zum Ende einer Woche, deren Verlauf sich die Bayern ganz anders vorgestellt hatten, blieb ihnen also erspart. Ernüchterung machte sich dennoch breit. „Bei neun Punkten Rückstand auf Werder Bremen wird es jetzt natürlich sehr, sehr schwierig, noch mal ins Meisterrennen einzugreifen“, sagte Kahn. Niemand sprach mehr in überzeugtem Ton von einer Aufholjagd, stattdessen schien sich die Gewissheit durchzusetzen, binnen drei Tagen die Chancen auf zwei Titel verspielt zu haben. Präsident Franz Beckenbauer grantelte: „Die Meisterschaft war vor ein paar Wochen schon unrealistisch, es geht um den zweiten Platz.“

Dabei hatte alles sehr verheißungsvoll begonnen aus Sicht der Bayern. Jens Jeremies schloss die erste Kombination der Münchner mit dem 1:0 ab (2. Minute), Roy Makaay hatte ihn bedient. Sieben Minuten später schob der Holländer einen von Hansa-Torwart Mathias Schober zu kurz abgewehrten Schuss Michael Ballacks aus kurzer Distanz zum 2:0 über die Linie. „Das war ein Vorteil, den man sich nicht mehr nehmen lassen darf“, sagte Trainer Ottmar Hitzfeld später, „zumal wir die Chance hatten, nachzulegen.“ Die beste Gelegenheit zum 3:0 vergab Bastian Schweinsteiger Sekunden vor der Pause, als er nur die Latte traf. Die Fans der Bayern hatten sich da längst darauf konzentriert, Gesänge und Klatschrhythmen einzustudieren, von Rostock ging keinerlei Gefahr aus.

Was folgte, vermochte nach dem Schlusspfiff niemand zu erklären. „Wir hatten uns in der Halbzeit fest vorgenommen, konzentriert weiterzuspielen“, beteuerte etwa Tobias Rau – das genaue Gegenteil traf ein. Binnen 19 Minuten ließen die Bayern „drei Kindergarten-Gegentore“ zu, wie Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge sagte. Beim ersten eröffneten Samuel Kuffour und Robert Kovac ihrem Gegenspieler Martin Max ungeahnte Freiheit und ließen ihn ungehindert abschließen (53.). Kuffour bewarb sich – nachdem ein regelkonformes Kopfballtor von ihm nicht anerkannt worden war – wenig später nachdrücklich für eine vernichtende Einzelkritik. Magnus Arvidsson tunnelte den Ghanaer und ließ Oliver Kahn keine Chance. Beim 2:3 stellte sich das Defensivversagen der Bayern geschlossen dar: Im Strafraum durfte Thomas Rasmussen den Ball über die Torlinie stupsen.

Oliver Kahn konnte all das nicht verstehen. „Ich habe dafür keine Erklärung. Dass man nach dem Spiel in Madrid müde ist, mag ja sein“, sagte er, „aber das darf keine Entschuldigung sein für das, was wir in der zweiten Halbzeit phasenweise gespielt haben.“ Seinen Kollegen empfahl er, ihr Verhalten auf die nötige Professionalität hin zu prüfen. „Wir müssen uns schon langsam fragen, wieso wir so viele solcher Fehler machen.“ Er hat das zuletzt selbst so gehandhabt.

Daniel Pontzen

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