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Sport: Dallas lässt sich schlagen

Gegen fast brutal spielende Miami Heat kassiert Nowitzkis Team den 2:2-Ausgleich im NBA-Finale

Dirk Nowitzki war gut beraten, nach der 74:98-Niederlage seiner Dallas Mavericks gegen die Miami Heat im vierten Spiel des NBA-Finales Donnerstagnacht den Fernseher in seinem Hotelzimmer stumm zu lassen. Was dort die Kommentatoren über ihn und sein Team zu sagen hatten, hätte ihn wohl ebenso geschmerzt wie die zweite Niederlage in der Best-of-seven-Serie. „Die Mavericks sind eben doch Weicheier“, tönte etwa Paul Silas, einst Headcoach bei den Cleveland Cavaliers und mittlerweile Experte beim Sender ESPN. Nowitzki habe Angst, sich in die Nähe des Korbes zu begeben und verlege sich deshalb nur auf Sprungwürfe, ganz wie in den schlechten alten Zeiten. „Es ist schon enttäuschend, wenn der Gegner sehr aggressiv spielt und das eigene Team nicht dagegen hält“, sagte Dallas’ Trainer Avery Johnson verärgert.

Den Ruf, nicht hart genug zu sein für die nordamerikanische Profiliga, tragen die Mavericks nun schon seit Jahren mit sich herum. Nur dieses Mal, dachten nicht nur sie selbst, sei alles anders. Nachdem sie Miami in eigener Halle zweimal scheinbar so mühelos bezwangen, sah die Niederlage in Spiel drei noch wie ein Betriebsunfalls aus. Doch nun ist nicht nur der Ausgang der Serie wieder völlig offen, es scheint gar, als falle die Mannschaft von Avery Johnson im entscheidenden Moment der Saison einfach auseinander. Die sieben Punkte, die sie im letzten Viertel erzielte, waren gar eine Minusmarke für die Rekordbücher. Seit Einführung der begrenzten Angriffszeit war noch nie jemand in den Play-offs so schlecht.

Mit knallharter, schmutziger Verteidigungsarbeit legten die Heat die Grundlage für den Erfolg. Es habe zeitweise mehr ausgesehen wie Straßenbasketball, sagte Mavericks-Coach Johnson hernach. Doch dort, auf den Betonplätzen von Harlem und dem heißen Asphalt von Los Angeles, gelten andere Regeln. Wer nach dem Schiedsrichter schreit, wird ausgelacht, wer den Ball nicht durch den Ring stopft, weil er die Fäuste des Gegners unter dem Korb fürchtet, verhöhnt. Diesen Stil beherrschen die Heat zweifellos besser, allen voran Shaquille O’Neal mit seinen waffenscheinpflichtigen Ellbogen und sein junger Kollege Dwayne Wade, der beste Michael-Jordan-Wiedergänger, den die NBA derzeit zu bieten hat.

17 Punkte erzielte O’Neal, 13 Rebounds dazu, eine Dominanz, die an alte Tage erinnerte. Wade piesackte die Mavericks nach Belieben und hörte nicht auf, ehe er 36 Punkte hatte. Was für eine Show – und was für ein großartiger Bluff. Tags zuvor hatte er vor laufenden Kameras noch so getan, als komme er wegen eines lädierten Knies kaum die zwei kleinen Stufen zum Podest hoch, auf dem er für Pressekonferenzen Platz nehmen muss. „Jeder, der mich kennt, weiß, dass ich es nicht nötig habe, etwas vorzuspielen“, beteuerte Wade nach seiner zweiten Glanzvorstellung mit Unschuldsmiene.

So schwer sich die Mavericks in der Verteidigung taten, so unterirdisch war ihr Angriff. Nowitzki traf von 19 Versuchen aus dem Feld drei, elf seiner 16 Punkte erzielte er von der Freiwurflinie. Josh Howard, gewöhnlich hinter dem Deutschen zweitbester Offensivspieler der Texaner, kam auf drei Punkte oder einen Treffer bei zwölf Versuchen aus dem Feld. 31,6 Prozent betrug die Trefferquote für Dallas am Ende. „Damit kann man in der NBA nicht gewinnen“, sagte Nowitzki. „Der Ball wollte einfach nicht in den Korb.“ Trotz allem kam Dallas acht Minuten vor dem Ende noch einmal auf zehn Punkte heran (70:80), doch dann überließen sie den Heat das Feld.

Coach Johnson war nicht gewillt, Miamis Verteidigung als Ausrede für seine Angestellten gelten zu lassen, besonders nicht für Nowitzki, der mit einem dicken Knöchel aus der Halle humpelte, nachdem er in einem Zweikampf mit O’Neal umgeknickt war. „Sie haben ihn wie in eine Decke eingewickelt“, sagte er, „wir haben mehrfach geübt, wie man da rauskommt, doch am Ende ist es wohl auch eine Frage des Willens.“ Oder der Erfahrung im Straßenkampf. Wie man sich zumindest Respekt verschafft, könnte Nowitzki von seinem Teamkollegen Jerry Stackhouse lernen. Der schickte den 150-Kilo-Mann O’Neal mit einem karateartigen Schlag so hart zu Boden, dass es für einen kurzen Moment so aussah, als würden die Fäuste fliegen. Doch O’Neal schlug stattdessen später verbal zurück: „Das sind halt die Pay-offs“, sagte er, „außerdem attackieren meine Töchter mich härter als Jerry, wenn ich nach Hause komme.“

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