zum Hauptinhalt

Sport: Das Debüt als Debakel

Hitzfeld und die Bayern verlieren 0:3 in Nürnberg

Es war 19.18 Uhr, als Ottmar Hitzfeld aus dem Bus stieg und in die Kabine der Bayern schlenderte. Er lächelte nicht, er schaute wie ein alter Bekannter, der erst vor ein paar Tagen zuletzt da war. Eine starke Stunde später, um 20.28 Uhr, schritt der Mann, der in sechs Jahren acht Titel gewann und im Mai 2004 wenig freundlich zum Gehen aufgefordert worden war, ins Stadion des 1. FC Nürnberg – als neuer Cheftrainer des FC Bayern München. Stoisch ruhig ertrug der 58-jährige das Blitzlichtgewitter der vielen Fotografen in Nürnberg. So ruhig und verhalten, wie seine neue Mannschaft das Derby gegen Nürnberg begann. Es endete nach den Toren von Ivan Sajenko, Markus Schroth und Robert Vittek 3:0 und einer dicken Überraschung. „Ich bin enttäuscht, dass wir am Ende untergegangen sind“, sagte Hitzfeld.

Schon früh im Spiel, in der zwölften Minute, gerieten die Bayern in Rückstand. Am Ende eines schnellen Angriffs umkurvte Sajenko noch Bayerns Torhüter Oliver Kahn und schob den Ball zur Führung der Nürnberger ins Tor. Der Gastgeber bestimmte weiter das Spiel, die Münchner Innenverteidigung um Lucio und Daniel van Buyten machte eine unglückliche Figur. „Viele Undiszipliniertheiten“ bemängelte Hitzfeld, vor allem vom brasilianischen Nationalspieler Lucio. „Der marschiert fast nur durch die Mitte, das kostet unheimlich viel Kraft“, klagte er.

Seine Mannschaft hätte schon zur Pause deutlicher zurückliegen können. Doch Robert Vittek traf per Kopfball nur die Latte des Bayern-Tores (21.). Erst nach 23 Minuten hatten die Bayern ihre erste Chance. Mark van Bommel bediente Roy Makaay, dessen gefährlichen Aufsetzer aber konnte Club-Torhüter Raphael Schäfer gerade noch um den Pfosten lenken.

Die Nürnberger waren auch in dieser Phase noch die besseren und erfolgreicheren Zweikämpfer. Langsam nur erwachte der Ehrgeiz der Bayern, die sogar ausgelacht wurden, weil sie am Ball vorbei rutschten und nicht so wirkten, als läge ihnen viel am Sieg. Ottmar Hitzfeld saß derweil weiterhin ruhig auf seinem Sitz und sah ein Team ohne Leidenschaft, das die Begegnung nur mühsam und selten ausgeglichen gestalten konnte. In der ersten Halbzeit waren die Nürnberger zu schnell für seine Spieler. Der FC Bayern blieb auch bei Hitzfelds Debüt nur ein müder Abglanz einer großen Mannschaft vergangener Tage.

Das sollte sich mit Lukas Podolski als dritter Spitze ändern, den Hitzfeld nach der Pause aufs Feld schickte. Aber erst nach 55 Minuten wurde es nach einem Freistoß von Owen Hargreaves einmal gefährlich. Schäfer lenkte den Ball zur Ecke. Hitzfeld sah das Geschehen nun meist im Stehen. Sein mit ihm zurückgekehrter Assistent Michael Henke stand neben ihm, als hätte er das Gefühl, dass sein Chef Beistand benötige. So hatten beide beste Sicht auf den Kopfballtreffer von Markus Schroth, der nach der Flanke von Vratislav Gresko das Spiel entschied. Vittek erhöhte kurz vor Schluss sogar noch auf 3:0, die Nürnberger hatten anschließend sogar Chancen, das Spiel noch höher zu gewinnen.

Am 22. Mai 2004 hatte Hitzfeld sein letztes Spiel als Cheftrainer der Bayern geleitet. Ihm wurde damals nicht mehr zugetraut, die Disziplin aufrecht zu halten. Jeder könne machen, was er wolle, klagte Manager Uli Hoeneß. Andere aus dem Vorstand meckerten über den mangelnden Fitnesszustand des Kaders. „2004 war er müde, jetzt hat er wieder Kraft“, sagte Hoeneß über Hitzfeld. Das schien sich bei seinem Debüt noch nicht auf seine Mannschaft zu übertragen. „Ich wusste, dass es schwer wird“, sagte Ottmar Hitzfeld. „Jetzt weiß ich, dass noch viel Arbeit auf mich wartet.“

-

Zur Startseite