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Sport: Das Ende der Dekadenz

Real Madrid will sich von teuren Stars trennen

Am 17. März 2004 starben die Galaktischen. An diesem Tag verlor Real Madrid, bis dahin wegen seiner grandiosen Spielzüge nicht zu Unrecht so bezeichnet, das spanische Pokal-Finale gegen Saragossa. Dieses Datum markiert den Beginn des Niedergangs des teuersten Starensembles der Fußballgeschichte, und exakt ein Jahr später nähert es sich unweigerlich seinem Verfallsdatum. Nach dem Champions-League-Aus gegen Juventus Turin und der Niederlage in der spanischen Liga bei Aufsteiger Getafe wird Real Madrid wohl das zweite Jahr in Folge ohne Titel bleiben. Nun hat auch die Vereinsführung um Präsident Florentino Perez begriffen, dass sie handeln muss. „In Getafe haben wir ein Real gesehen, dass müde war – physisch und psychisch“, sagte Perez. „Es ist etwas passiert. Das müssen wir analysieren und nach der Saison werden wir Entscheidungen treffen.“

In welche Richtung diese Entscheidungen gehen werden, hat Perez auch schon angedeutet: Er kündigte „die teuerste Renovierung eines Kaders in der Geschichte des Fußballs“ an. 170 Millionen Euro hat er für neues Personal bereitgestellt. Wunschkandidaten sind Adriano (Inter Mailand), Robinho (FC Santos), Gerrard (FC Liverpool), Cole (Arsenal), Joaquin (Betis Sevilla) und Del Horno (Athletic Bilbao).

Im Gegenzug werden einige der müden Stars den Verein am Ende der Spielzeit wohl verlassen müssen. Luis Figos Name steht ganz oben auf der Liste, aber auch David Beckhams und Roberto Carlos’ Zeit in Madrid scheint abgelaufen. „Jeder von ihnen könnte in einer Elf voller ambitionierter junger Spieler weiterhin eine wichtige Rolle spielen“, kommentierte die Sportzeitung „AS“. „Aber fünf oder sechs Dekadente zusammen ergeben eine dekadente Mannschaft.“

Zudem plant Real, Michael Owen gegen den bei Arsenal unglücklichen Spanier Reyes einzutauschen. Und selbst Raul, die Identifikationsfigur des Vereins, ist nicht mehr unverkäuflich. „Ich will bei Real bleiben“, sagt der 27-Jährige. „Aber wenn ich hier störe und gehen soll, dann muss man es mir nur sagen. Ich kann verstehen, dass die Leute nach elf Jahren die Nase voll von mir haben.“ Vor allem stört wohl sein exorbitantes Gehalt: Wie die meisten anderen Real-Stars verdient er mehr als sechs Millionen Euro pro Jahr – netto.

Nun versucht der Klub, zumindest für einen Teil des Ensembles, in das er insgesamt 650 Millionen Euro investiert hat, einen zahlungskräftigen und -willigen Abnehmer zu finden. Ein schwieriges Unterfangen, denn allenfalls der FC Chelsea kann in dieser Preisklasse noch mithalten. Vergangenen Sommer legte er noch lukrative Kaufangebote für Ronaldo, Beckham & Co. vor. Inzwischen hat Chelseas Eigner Roman Abramowitsch aber offensichtlich das Interesse an den alternden Stars verloren. Er will lieber gleich um jene Kicker mitbieten, die auch Madrid für die nächste Saison erwerben will.

Harald Irnberger[Madrid]

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