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Sport: Das Ende eines überschätzten Teams

Dirk Nowitzki scheitert mit Dallas erneut in der ersten Play-off-Runde – danach wird der Trainer entlassen

Wie versteinert stierte Mark Cuban von der Tribüne der Arena von New Orleans aus ins Leere, nachdem seine Dallas Mavericks mit 94:99 bei den Hornets im fünften Spiel der ersten NBA-Play-off- Runde ausgeschieden waren. Doch hinter den regungslosen Gesichtszügen des texanischen Klubbesitzers arbeitete es bereits heftig. Die Konsequenzen aus der erneuten Play-off-Pleite des vermeintlichen Titelkandidaten ließen nicht lange auf sich warten: Schon am folgenden Vormittag teilte Cuban seinem Trainer Avery Johnson telefonisch mit, dass dieser sich einen neuen Job suchen kann.

Eine große Überraschung war das nicht mehr. Das zweite Erstrundenaus hintereinander ist für die Mavericks eine massive Enttäuschung. Dirk Nowitzki, der als einer der wenigen seiner Mannschaft in der Serie gegen New Orleans eine überzeugende Leistung abgeliefert hatte, prophezeite deshalb schon unmittelbar nach dem Spiel, dass es in Dallas Umwälzungen geben werde. „Wenn eine Mannschaft nicht gewinnt, die gewinnen sollte, muss man etwas tun“, sagte der sichtbar zerknirschte Nowitzki.

Dass die Veränderungen bei Avery Johnson anfangen würden, lag auf der Hand. Den Coach loszuwerden ist im Profi-Basketball in den USA zunächst einmal das Einfachste. Das diffizile Gefüge aus Spielerverträgen und Leasingvereinbarungen mit anderen Vereinen, alles unter Berücksichtigung der Gehaltsobergrenze, bleibt vom Trainerwechsel unberührt. Darüberhinaus schien Johnson Cuban ohnehin schon seit einer Weile unbequem geworden zu sein. Bereits im März soll es nach einer Niederlage gegen die Los Angeles Lakers zwischen dem aufbrausenden Mäzen und seinem leitenden Angestellten zu einer Schreierei vor versammelter Mannschaft gekommen sein. Zuletzt lehnten sich dann auch die Spieler gegen Johnson auf, indem sie mitten in den Play-offs eine Party feierten und ihren Coach bei einem Training aussperrten. Johnsons Tage waren gezählt.

Doch die Entlassung wird die Probleme nicht lösen. Cuban hatte zur Saisonmitte, als es nicht lief und das Team um die Play-off-Teilnahme bangen musste, in einer panikartigen Tauschaktion den alternden Jason Kidd aus New Jersey geholt. Nach der Play-off-Enttäuschung wird dieses Manöver nun als Flop gewertet. Kidd hielt in Dallas bei weitem nicht, was man sich von ihm versprach. Jetzt sitzt Dallas noch für ein Jahr auf dem 21 Millionen Dollar teuren Kidd, der sich hüten wird, wieder wegzugehen – der 35-Jährige weiß genau, dass er auf dem freien Markt bei Weitem nicht mehr so viel wert ist.

Trotzdem verteidigte Nowitzki die Verpflichtung: „Wir mussten etwas wagen, wenn wir noch eine Chance haben wollten.“ Noch immer glaubt er, dass er mit Kidd langfristig eine ähnlich produktive Verbindung eingehen kann wie einst mit seinem Intimus Steve Nash, den Cuban nach Phoenix ziehen ließ: „Wir brauchen nur einmal ein langes gemeinsames Trainingslager. Wir mussten uns ja sehr hastig aneinander gewöhnen.“ Nowitzkis Vertrag in Dallas läuft bis 2011, und so wie es aussieht, will Cuban die neuen Mavericks um ihn und um Kidd herum aufbauen. Die meisten anderen Stammspieler will er vermutlich eher früher als später loswerden, vor allem Josh Howard, der zuletzt mit dem Geständnis regelmäßigen Haschkonsums und dann mit auffallend schwachen Leistungen auf sich aufmerksam machte.

Eine neue Meister-Mannschaft aufzubauen wird allerdings keine leichte Aufgabe. Zumal die Mavericks im Rückblick ohnehin wohl nie so stark waren, wie man das von ihnen glaubte. „Wir hatten unser stärkstes Team, als wir vor zwei Jahren im Finale standen“, sagte Avery Johnson nach seiner Entlassung. „In der darauf folgenden Saison mit den 67 Siegen haben wir klar über unsere Verhältnisse gespielt. In Wirklichkeit war unser Kader nie so dicht, wie er gewirkt hat.“ Am Ende waren die Schwächen jedoch nicht mehr zu vertuschen. Besonders gegen die jungen, erfrischend energischen Hornets wurde deutlich, wo die Mavericks stehen: Am Ende eines absteigenden Astes und am Anfang einer ungewissen Zukunft.

Sebastian Moll[New York]

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