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Sport: Das fliegende Rätsel

Mit Janne Ahonen beendet der erfolgreichste und seltsamste Skispringer der Welt seine Karriere

Er war ein Skispringer, natürlich. Aber er war auch ein Rätsel, dessen Lösung niemand fand, außer vielleicht seine Familie. Er schwieg, wenn er zufrieden war. Er lachte nicht, wenn er sich glücklich fühlte. Janne Ahonen war sich immer selbst genug. Vielleicht wurde er deshalb zum besten Skispringer der Welt.

Gestern nun hat sich der zurückhaltende Finne im Alter von 30 Jahren verabschiedet. Auf einer Pressekonferenz in Helsinki soll der einzige fünfmalige Gewinner der Vierschanzentournee sogar geweint haben, als er sagte: „Es ist das Ziel eines jeden Sportlers, am Höhepunkt aufzuhören.“

Der schweigsame Finne hat alle Rekorde seiner Sportart gebrochen, um dann alle Ehrungen nahezu ungerührt entgegenzunehmen. Nur einmal nach einem seiner vielen Vierschanzentournee-Erfolge hielt er seine Handschuhe in die Kamera. „Moi Mico“ hatte er vor dem Sprung darauf geschrieben, hallo Mico – ein Gruß an seinen kleinen Sohn. So zeigte Janne Ahonen Gefühle. Im Mai erwartet seine Frau ein zweites Kind.

Seine Familie in Lahti ist sein Ankerpunkt, in ihrem Kreis wird er nun auch mal im Winter zu finden sein. Der kleine Mico hat oft seinen Vater nachgemacht, er hat ihn im Fernsehen gesehen und ist als Junge vom Sofa gesprungen, wenn Papa im Fernsehen von den Schanzen der Welt schwebte. Einmal, so hat es Ahonen mal einem finnischen Journalisten erzählt, habe der Junge seine Kinderski genommen und sei mit ihnen zur Haustür gegangen. „Ich gehe jetzt und komme im Frühling wieder“ – ganz der Papa.

Wenn Vater Ahonen nach Hause kam, dann brachte er meist Medaillen und Pokale mit. Erst in diesem Winter gewann er als weltweit erster Springer zum fünften Mal die Vierschanzentournee. „Wenn ich das einem gönne, dann Janne Ahonen“, sagte sogar Jens Weißflog, dem damit sein Rekord abhanden kam. Fünfmal wurde auch er Weltmeister, zweimal gewann er die Weltcup-Gesamtwertung. Nur Olympiasieger wurde Ahonen nie. Aber ob ihn das schmerzt, hat niemand jemals von ihm erfahren.

Er ist bodenständig geblieben, ja, er hat seine Rolle als fliegender Kauz fast kultiviert. Seine Erfolge hat er sich erarbeitet, sein stilles Feilen an der Flugtechnik brachte ihm einen Vorsprung an Erfahrung. Mit 16 Jahren gewann er sein erstes Weltcupspringen, von dort an galt er als Wunderkind. Der Sohn eines Schneiders und einer Verkäuferin für Anglerbedarf arbeitete beharrlich an sich selbst. Und zeigte in den Minuten seines Triumphes höchstens stille Genugtuung. Janne Ahonen war selten ausgelassen. „Ich bin hier, um zu springen und nicht um zu lachen“, hat Ahonen mal gesagt.

Er ist still wie viele Finnen, und er teilt die Leidenschaft seiner Landsleute für Motorsport. Janne Ahonen kann sich neben seiner Firma, die Zubehör für Motorräder und Schneemobile vertreibt, nun seinem Hobby widmen: dem Dragster-Racing. Bei diesem Hochgeschwindigkeitsrennen in schmalen Autos hat er schon einmal die finnische Meisterschaft gewonnen. Janne Ahonen erreichte Geschwindigkeiten von 300 Stundenkilometern und war wohl wieder ganz bei sich. In Finnland ist er ein Held, vielleicht für die Ewigkeit.

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