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Sport: Das gewollte Wunder

Wie aus dem Beinahe-Absteiger Frankfurt Lions in nur einem Jahr der Deutsche Eishockey-Meister wurde

Frankfurt (Main). Frankfurt feierte. Und das erstaunlich heftig und lang. Als die letzte Gaststätte in der größten Stadt am Main in der Nacht zum Sonnabend geschlossen hatte, zogen einige Fans zum Hauptbahnhof weiter. Dort gab es noch Erfrischungsgetränke. An den wenig einladend ausschauenden Imbissständen im Bahnhofsgebäude klang um 7 Uhr in der Früh die erste große Party aus – eine Party, mit der am Main Tage zuvor kaum einer gerechnet hatte. Ihren Anfang hatte sie am Freitagabend in der schmucklosen Frankfurter Eissporthalle genommen: Dort siegten die Lions im vierten Finalspiel 4:3 gegen die Berliner Eisbären und wurden Deutscher Eishockey-Meister.

Erstaunt waren sie bei den Lions über den Erfolg. Manager Lance Nethery sagte: „Erst eine halbe Stunde nach dem Spiel, als die Jungs mit den Champagner-Flaschen auf dem Eis standen, habe ich geglaubt, dass wir Meister sind.“ Andere hatten das schneller als der Manager verinnerlicht. Frankfurts Oberbürgermeisterin Petra Roth hatte auf der Tribüne mitgefiebert, am heutigen Montag empfängt sie die Mannschaft am Römer. Eine Ehre, die sonst nur Fußballteams zuteil wird. Was Roth unmittelbar nach dem Spiel sagte, klang ehrlich – die Oberbürgermeisterin war begeistert. „Eine gigantische Leistung“, schwärmte sie. „Das zeigt, dass Wunder möglich sind, wenn man sie will.“

Gab es wirklich das in diesen Tage so oft propagierte „Wunder von Frankfurt“? Eigentlich nicht. Sicher, die Berliner Eisbären waren als Favorit in die Finalserie gegangen, weil sie nach der Hauptrunde der Deutschen Eishockey-Liga (DEL) Tabellenführer waren. Aber welches Team hatte denn mit den Berlinern monatelang um den ersten Tabellenplatz gestritten? Die Lions. Ein Klub, der im Vorjahr nur durch den Lizenzentzug von Schwenningen überhaupt in der DEL bleiben durfte – aber auch eine Mannschaft, die kaum etwas mit der aus der Vorsaison zu tun hatte. Mit Johan Stöpfgeshoff, Michael Bresagk, Paul Stanton und Patrick Lebeau standen am Freitag gerade mal vier Spieler auf dem Eis, die vor einem Jahr noch in der Abstiegsserie gegen Schwenningen gespielt hatten.

Das zu Saisonbeginn neu zusammengestellte Frankfurter Team hatte in der DEL-Hauptrunde attraktives und offensives Eishockey gespielt. Und da es im entscheidenden Moment die besseren Nerven und – wie ihr Trainer Rich Chernomaz sagte – „mehr Kampfgeist, mehr Teamgeist und mehr Leidenschaft“ als die Berliner demonstrierte, war der Sieg verdient. Frankfurt war einfach entschlossener. „Unser Ziel war es, seit August das erste und das letzte Saisonspiel zu gewinnen“, sagte Chernomaz.

Geht es nach den Lions, dann war der erste Meistertitel erst der Beginn eines Frankfurter Eishockey-Booms. Lions-Gesellschafter Gerd Schröder hat mit Bürgermeisterin Roth bereits intensiv über seine Hallenbaupläne gesprochen. „Das ist alles fix und fertig“, sagt Schröder. „Die Finanzierung ist gesichert, der Termin des Baubeginns wird sich in den nächsten Wochen entscheiden.“ 12 000 Zuschauern soll die neue Arena Platz bieten, sie soll entweder am Frankfurter Waldstadion oder im Vorort Eschborn entstehen – und ein solides Fundament für die Zukunft sein. Denn schließlich müssen die Lions künftig mit erhöhter Erwartungshaltung rechnen. Dass ein Klub auch daran scheitern kann, haben die Krefeld Pinguine diese Saison bewiesen. Der Meister der Vorsaison entging nur knapp der Abstiegsrunde, die Klubkassen sind leer, die Zuschauer blieben aus.

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