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Sport: Das Glück der Rückkehr

Thomas Haas unterliegt Vincent Spadea – und freut sich, dass er endlich wieder Tennis spielen kann

Berlin. Als Patrik Kühnen am Morgen den Fernseher einschaltete, drückte er auf seiner Fernbedienung zuerst den Knopf für den Videotext. Auf Seite 215 stieß der deutsche Daviscup-Teamchef endlich auf jene vier Zahlen, die ihn interessierten: 4:6, 2:6. Im Tennissport bedeuten diese Zahlen eine Niederlage, doch Kühnen fand das nicht sonderlich tragisch. Als er die Zahlen gelesen hatte, lautete der erste Gedanke, der ihm einfiel: „Gut, dass er wieder zurück ist.“

So dachten die meisten der 6000 Zuschauer, die Thomas Haas in San Jose zum ersten Mal nach einer 15-monatigen Verletzungspause ein offizielles Tennismatch spielen sahen. Bei seiner Vorstellung erhoben sie sich von ihren Sitzen und spendeten lang anhaltenden Beifall. Dass der 25-Jährige anschließend das Match gegen den an Nummer sechs gesetzten US-Amerikaner Vincent Spadea in zwei Sätzen verlor, enttäuschte nur wenige. „Man kann nicht erwarten, dass er nach einer so langen Pause gleich sein erstes Spiel gewinnt“, sagt Kühnen, „das dauert, bis man wieder Matchpraxis bekommt.“ Auch Thomas Haas wirkte trotz der Niederlage nicht unzufrieden. „Es lief noch nicht alles rund, aber im Großen und Ganzen betrachte ich das Comeback als gelungen“, sagte er dem „Sportinformationsdienst“.

Momentan ist er in der Weltrangliste aufgrund seiner langen Pause aus der Wertung genommen. Für ihn gilt das „Protected Ranking“, wonach er in den nächsten neun Monaten auf jenem Platz geführt wird, den er vor seiner Verletzung innehatte. Er war die Nummer elf. Zwei Operationen an derselben Schulter hatten die ehemalige Nummer zwei der Weltrangliste zu dieser langen Pause gezwungen.

Im Match gegen Spadea hatte er noch Schwierigkeiten mit dem Aufschlag, ein Ass wollte ihm nicht gelingen. „Die Laufarbeit ließ auch zu wünschen übrig“, sagte Haas nach dem Spiel selbstkritisch. Das Wichtigste aber sei die Spielpraxis. „Er muss sich erst noch einspielen und an den Turnierrhythmus gewöhnen“, sagt Kühnen. Zwar trainiert Haas bereits seit geraumer Zeit, doch der Unterschied zu einem offiziellen Spiel ist doch gravierend. „Man kann ruhig drei, vier Stunden ohne Probleme trainieren, aber wenn man dann ein Match bestreitet, spürt man jeden Muskel“, erklärt Kühnen.

Der Daviscup-Teamchef verweist auf die besondere psychische Belastung in einem Turnier. „Es geht in einem Match um sehr viel, da ist ein ganz anderer Druck vorhanden.“ Haas spürte das, als er in San Jose die Tennis-Arena betrat. „Wenn man nach so einer langen Pause gegen einen Spitzenspieler antritt, fühlt man sich wie ein Nobody im Kampf gegen Mike Tyson“, sagte er, „man ist froh, wenn man lebend wieder aus dem Ring steigt.“

Haas hat das Match überlebt und trägt nun wieder die Hoffnungen der deutschen Tennis-Verantwortlichen. „Er hat im Jahr 2003 in allen Mannschaftswettbewerben sehr gefehlt“, sagt Kühnen. Ohne Haas verlor das deutsche Daviscupteam überraschend gegen Weißrussland und stieg aus der Weltgruppe ab. Nun muss im April gegen Israel der erste Schritt zum Wiederaufstieg gelingen. Mit Haas? „Diese Frage stellt sich für mich im Moment noch nicht“, sagt Kühnen. Er wird den Rückkehrer im März beim Turnier in Miami beobachten und dann seine Schlüsse über dessen Form ziehen.

Das deutsche Tennis kann froh sein über die Rückkehr seines einstigen Helden. „Thomas Haas hat eine Vorbildfunktion für den Nachwuchs“, erklärt Kühnen. Zudem lastet nicht mehr die öffentliche Aufmerksamkeit allein auf Rainer Schüttler. Dieser hatte den Erwartungen bei den Australian Open mit seinem Aus in der ersten Runde nicht standhalten können. „Ein solides Haus braucht mehrere Stützen“, sagt Kühnen.

Es hatte schon Zweifel gegeben, ob Thomas Haas überhaupt noch zu alter Stärke finden wird. Sein Trainer Red Ayme ist optimistisch. „Dieses Match war der erste Stein in einem großen Mosaik“, sagt er. „Thomas wird zurückkommen, gebt ihm nur etwas Zeit.“

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