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Sport: Das glückliche Mädchen

Die Chinesin YE SHIWEN schwimmt schneller als die Männer. Doping-Vorwürfe werden lauter.

Selbstverständlich hatte Ye Shiwen im Ziel mehr als zwei Körperlängen Vorsprung, alles andere wäre ja fast schon eine Enttäuschung gewesen. Weltrekord schwamm sie allerdings nicht. Warum hätte sich Ye Shiwen, 16 Jahre alt, gestern auch schon im Halbfinale über 200 Meter Lagen verausgaben sollen? Spektakuläre Auftritte spart sie sich für Finals auf.

„Wir haben über sie gesprochen, als wir beim Dinner waren“, sagte Ryan Lochte, der Olympiasieger über 400 Meter Lagen. Kein Wunder. Denn Ye Shiwen hatte bei ihrem Olympiasieg über 400 Meter Lagen nicht bloß den Weltrekord um eine Sekunde verbessert, sie war auf den letzten 50 Metern schneller als Lochte bei seinem Olympiasieg. Eine Frau schneller als ein Mann – das gab es noch nie. Lochte benötigte 29,10 Sekunden, Ye Shiwen 28,93. Der Generaldirektor der internationalen und US-Schwimmtrainervereinigung, John Leonard, hält diese Leistung nach einem Bericht des „Guardian“ für „unglaubwürdig“. Shiwens Rennen sei „beunruhigend“ und wecke „schreckliche Erinnerungen“.

Die Chinesin nimmt die Verdächtigungen gelassen. „Ich bin kein Roboter, ich bin ein glückliches Mädchen.“ Andere Stars verbringen täglich fünf, sechs Stunden im Wasser, Shiwen kommt mit zwei aus. „Mein Training ist intensiv und wissenschaftlich akribisch ausgearbeitet. Ich muss nicht jeden Tag viele Stunden im Pool verbringen.“ So sagt sie es. Da kommt man dann doch ins Grübeln. Vor allem, wenn man solche Fakten mit anderen kombiniert. Am 3. März wurde die 16-Jährige Spitzenschwimmerin Li Zhesi positiv auf Epo getestet, und 2009 wurden fünf chinesische Schwimmer wegen Dopings gesperrt. Doping im chinesischen Schwimmen hat eine lange Tradition. In den 1990er Jahren wurden 40 Schwimmer erwischt. Bei der WM 1994 gewann China zwölf Goldmedaillen, bald darauf wurden sieben Athleten bei den Asien-Spielen positiv getestet.

Und gerade hat Chen Zhangao, 1984, 1988 und 1992 Arzt des chinesischen Olympiateams, dem „Sydney Morning Herald“ erzählt, dass er an ungefähr 50 Athleten Blutdoping getestet hat und mit Steroiden experimentierte. Der chinesische Verband weist selbstverständlich alle Dopingverdächtigungen zurück.

Die Lieblingsstrecke von Ye Shiwen, das sollte man noch hinzufügen, sind gar nicht die 400 Meter Lagen. Sie fühlt sich auf den 200 Meter Lagen stärker.

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