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Sport: Das große Schulterzucken

Albas Blamage gegen Bonn lässt Spieler und Verantwortliche ratlos zurück

Berlin - Sven Schultzes Blick ging abwärts, die Hände hatte er auf die Knie gestützt, sein ganzer Körper schien vor Gram verbogen. Gerade hatte Alba Berlins Routinier einen simplen Pass über drei Meter spielen wollen, der Ball war aber nicht beim Mitspieler, sondern im Seitenaus gelandet. Unter den Pfiffen der 14 500 Zuschauer in der ausverkauften Großarena verharrte der 32-Jährige schwer atmend wie eine Skulptur der Fassungslosigkeit, nach ein paar Sekunden schleppte er seinen Körper zurück in die Verteidigung. Am Ende des Sonntagabends hatten Albas Basketballer 64:76 (26:48) gegen die Baskets Bonn verloren und dabei ihre Fans bitter enttäuscht. Durch die Niederlage fielen die Berliner in der Bundesliga auf den vierten Platz hinter die Artland Dragons zurück, bei denen sie am Mittwoch im Pokal-Viertelfinale zu Gast sind.

Eine halbe Stunde nach Spielende bewegte sich Schultze wieder. Zumindest seine Schultern zuckten bei fast jeder Antwort auf die vielen Fragen, die auf ihn einprasselten. „Ich weiß auch nicht, es ging heute einfach nicht. Wir haben auch ein bisschen die Köpfe hängen lassen“, sagte der 103-malige Nationalspieler, der eigentlich für seinen Kampfgeist bekannt ist. „Ich glaube, es war eine Einstellungssache.“ Schultze wirkte genauso ratlos wie Muli Katzurin. „Ich will ehrlich sein: Ich habe noch keine Antworten“, sagte Albas Coach. „Es gibt zu unserem Spiel nichts zu sagen, weil wir nicht gespielt haben.“ Seine Mannschaft habe gut und mit viel „positiver Energie“ trainiert. „Und plötzlich ist alles weg und wir wirken wie ein Team, das sich fünf Minuten vor dem Spiel zum ersten Mal getroffen hat“, sagte Katzurin. Seine Spieler hätten „vielleicht 50 Prozent“ gegeben, „mehr nicht“. Nach dem Spiel versuchte niemand, die Blamage auf das neue System Katzurins zu schieben. „Es liegt nicht am Trainer, sondern eher an uns“, sagte Schultze. „Das war heute wieder etwas, was einfach nicht geht bei Alba Berlin. Wir hatten schon genug Warnschüsse in diesem Jahr.“

Die Frage ist, ob es der Klub bei diesen Warnschüssen belässt. Gegen Bonn zeigte sich erneut, dass Albas Kader in der athletisch starken Bundesliga große Probleme im Rebound hat und es nicht schafft, schnelle gegnerische Aufbauspieler zu kontrollieren. Power Forward Tadija Dragicevic wirkt gehemmt und bisweilen fast lustlos, Marko Marinovic kämpft zwar beherzt, neigt aber zu Undiszipliniertheiten auf dem Feld. Bis zum Ende der Transferfrist am 28. Februar könnte Alba noch maximal drei neue Spieler verpflichten.

Die Klub-Verantwortlichen schlossen Transfers zunächst aus. „Ich werde immer hinter meinen Spielern stehen, man ändert seine Meinung nicht nach einem verlorenen Spiel“, sagte Katzurin. „Wir haben bisher hart gearbeitet, jetzt werden wir noch härter arbeiten.“ Auch Albas Geschäftsführer Marco Baldi will erst einmal eine Reaktion des aktuellen Personals sehen. „Sobald ich auf dem Feld stehe, muss ich Verantwortung übernehmen“, forderte Baldi. „Diese Gefühl muss jeder finden, und zwar schnell. Wenn er das nicht tut, wird sich der Verein melden.“ Er habe das Gefühl, die Mannschaft habe „nicht alles für den Sieg unternommen“, sagte Baldi: „Das hatten wir schon mal gegen Bamberg, jetzt haben wir es wieder. Und das ist nicht akzeptabel.“

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