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Das härteste Casting der Welt: Warum Russen die Leichtathletik-EM mal wieder dominieren

Russland beherrscht diese Leichtathletik-EM. Etwas anderes hatte allerdings auch niemand erwartet, denn das Land ist reich an Talenten und treibt sie in gegenseitigem Konkurrenzkampf nach oben.

Das Klatschen wurde immer lauter, je näher die Frauen dem Ziel kamen. Auf den letzten Zentimetern setzte sich Tatjana Firowa durch, begleitet vom tosenden Applaus. Mit 49,89 Sekunden gewann die Russin die Goldmedaille über 400 Meter, drei Hundertstelsekunden später rannte ihre Landsfrau Kseniya Ustalowa durchs Ziel. Und nach 50,10 Sekunden hatte sich Antonina Kriwoschapka Bronze gesichert, auch eine Russin. Nie zuvor bei einer Leichtathletik-EM hatte über 400 Meter eine einzige Nation alle Medaillen unter sich aufgeteilt. Alle drei Russinnen blieben unter der bisherigen Saisonbestzeit von Anastasia Kapatschinskya (50,16) – eine Russin, versteht sich.

Kein Wunder, dass am Sonntagabend auch die russische 4-x-400-Meter-Staffel der Frauen siegte – vor den überraschend starken Deutschen (siehe Text links).

Russland hat diese EM beherrscht. Etwas anderes hatte auch niemand erwartet. Der russische Verband hatte schon bei den Europameisterschaften 2002 in München und 2006 in Göteborg Platz eins in der Nationenwertung belegt. Insgesamt haben sie zehn Gold-, sechs Silber- und acht Bronzemedaillen gesammelt.

Einschüchternd für die Konkurrenz, wie die Russen einzelne Disziplinen beherrschen. Beispiel Gehen. Über 20 Kilometer der Frauen räumte ein Trio alle Medaillen ab. Bei den Männern gewann über 20 Kilometer Stanislaw Emeljanow. Der 19-Jährige hatte erst vor wenigen Jahren ernsthaft mit dem Gehen begonnen, wurde dann aber U-18-Weltmeister und U-20-Weltmeister. Jetzt hängte er den Olympiasieger über 50 Kilometer, den Italiener Alex Schwazer, ab. Der Berliner Maik Berger, der 16. wurde, war voller Respekt für den Konkurrenten: „Das ist Wahnsinn.“

Die Russen haben in quasi allen Bereichen ein Reservoir an Talenten. Die treiben sich durch gegenseitigen Konkurrenzkampf nach oben, am Ende schaffen es die körperlich und mental stärksten ins Nationalteam. Die Athleten, die dann bei einem Höhepunkt antreten, sind enorm nervenstark, weil sie diese Wettkampfhärte im eigenen Land hatten ausgiebig trainieren können. „Es gibt in Russland ein rigoroses Ausleseverfahren“, sagte Berger.

Und dann gibt es noch eine Athletin wie Tatjana Lysenko. Die russische Hammerwerferin war im Mai 2007 positiv auf ein Dopingmittel getestet worden. Seit 2009 darf sie wieder werfen, doch in Barcelona konnte sie nicht an alte Leistungen anknüpfen – und landete auf Platz zwei hinter der Deutschen Betty Heidler.

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