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Diesmal straucheln die anderen. Während Usain Bolt (l.) den Stab korrekt von Yohan Blake übernimmt, fällt der US-Amerikaner Darvis Patton nach Gegnerkontakt. Foto: Reuters

© REUTERS

Sport: Das letzte Wort hat Bolt

Der Superstar holt Gold und Weltrekord mit Jamaikas Staffel und zeigt nach der Fehlstart-Affäre, dass er zu Selbstkritik fähig ist – zumindest vorübergehend

Daegu - Usain Bolt hatte gerade die Ziellinie überquert und warf den rosa Staffelstab noch im vollen Lauf hoch in die Luft. Niemand musst Angst haben, getroffen zu werden, schließlich war niemand in der Nähe. Die anderen Schlussläufer der 4x100-Meter-Staffeln kamen erst ins Ziel, als der Stab längst auf dem Boden lag und Bolt schon damit begann, sein Showrepertoire anzuzapfen. Nach dem Titelgewinn über 200 Meter gewann Bolt am Sonntag sein zweites Gold in Daegu, als er Jamaikas Sprintstaffel zum Triumph führte. Ganz nebenbei hinterließ er der Leichtathletik-WM an ihrem letzten Tag auch noch ihren einzigen Weltrekord. In 37,04 Sekunden hatten die Jamaikaner die Bahn umrundet – Frankreichs Quartett wurde gleich um 1,16 Sekunden abgehängt. Die US-Amerikaner kamen gar nicht erst ins Ziel, weil Darvis Patton den Stab beim letzten Wechsel aus der Hand gab und stürzte.

„Ich bin stolz auf mein Team, ich bin glücklich über mich selbst“, sagte Bolt in Richtung seiner Kollegen Nesta Carter, Michael Frater und Yohan Blake. Und er fügte an: „Yohan Blake ist eine starke Kurve gerannt.“ Jener Blake, der vor einer Woche den 100-Meter-Titel gewonnen hatte, der eigentlich Bolt zugedacht war. Doch der Superstar der Leichtathletik- Welt wurde wegen Fehlstarts disqualifiziert. Die 100 Meter, die er nicht laufen durfte, waren die schwerste Prüfung in Bolts Karriere. Und er hat sie gemeistert.

Die Aktion hatte jede Menge Rummel und sogar Manipulationsgerüchte ausgelöst, die der Showmann ungewohnt demütig beiseite wischte. „Der Frühstart über 100 Meter war mein Fehler“, sagte Bolt den internationalen Nachrichtenagenturem. „Das war eine Lektion für mich – zu warten und auf den Startschuss zu hören.“ Er sei übermotiviert gewesen: „Ich wollte unbedingt raus auf die Bahn.“

Nach seinem Fauxpas hatte der Sprinter erstmals massive Kritik hinnehmen müssen, weil seine Showeinlagen den Respekt vor den Kontrahenten vermissen ließen. Beim 200-Meter-Vorlauf etwa bespaßte er das Stadion, während sich die Sprinter des vorherigen Rennens noch auf ihren Start konzentrierten. Später störten seine Eskapaden die Siegerehrung des Speerwurf-Weltmeisters Matthias de Zordo.

Bolt versprach zwar, bei den Olympischen Spielen ohne solche Faxen auskommen zu wollen. „Da werde ich sehr ernsthaft an die Rennen gehen, das ist ein Meilenstein auf meinem Weg zur Legende“, sagte er. Wie nervenaufreibend die Woche für ihn gewesen sein musste, verriet aber sein beleidigter Tonfall nach dem Gewinn des 200-Meter-Golds. „Viele haben gesagt, ich wäre nicht mehr der Beste – aber ich habe es euch allen gezeigt“, erklärte er. „Ich habe einen Fehler gemacht, aber ich bin zurückgekommen.“

Letzteres wiederum kann man ihm nicht absprechen. Die 200 Meter gewann er souverän, und als er im abschließenden Staffelwettbewerb an die Reihe kam, ging er ganz auf Nummer sicher. Im Endlauf war der 25-Jährige der langsamste Starter: 0,193 Sekunden wies der Computer für ihn als Reaktionszeit aus. Obwohl Jamaikas Staffel zu dem Zeitpunkt schon uneinholbar in Führung lag, kämpfte Bolt dann mit ganzer Kraft. Er wollte es allen zeigen, die ihn kritisiert hatten, er wollte den Weltrekord. Und er bekam ihn.

Auch die Ehrenrunde des Teamwettbewerbs gehörte im Grunde ganz allein Usain Bolt. Und nachdem er wie ein Gogo-Girl getanzt und allen noch einmal sein Sixpack präsentiert hatte, ließ er den Menschen in Daegu neben dem Rekord und dem Stab noch eine unmissverständliche Botschaft da: „Ich bin der Beste.“ Tsp

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