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Sport: „Das Resultat wird grausam sein“

San Marinos Spieler fürchten gegen die deutsche Nationalmannschaft historisch viele Gegentore

Die deutsche Fußball-Nationalmannschaft hat in diesen Tagen klare Prioritäten gesetzt. „Wir wollen nicht verpassen, wo die Tendenz im internationalen Fußball hingeht“, sagt Hans-Dieter Flick, der Assistent von Bundestrainer Joachim Löw. San Marino, der Gegner im heutigen EM-Qualifikationsspiel, kann in dieser Hinsicht leider keine sachdienlichen Hinweise liefern. Die sportliche Leitung der Nationalmannschaft hat daher auch keine Notwendigkeit gesehen, das Team von San Marino von ihrem Chefscout Urs Siegenthaler beobachten zu lassen. Der Schweizer hat sich stattdessen um die nächsten Gegner England, Wales und Rumänien gekümmert.

Und San Marino? „Wir werden das Spiel gewinnen“, hat Löw verordnet. „Das wird so sein.“ Und weil der Bundestrainer die Begegnung mit seinem Dekret ihrer eigentlichen Spannung beraubt hat, gibt es allenfalls noch so etwas wie einen künstlichen Ersatzreiz: Werden die Deutschen heute den höchsten Sieg ihrer Länderspielgeschichte erreichen? Der bisherige Rekord datiert aus dem Jahr 1912, ein 16:0 gegen Russland. Das 13:0 im Hinspiel gegen San Marino belegt in der Bestenliste Platz zwei.

„Wir dürfen nicht den Fehler machen, ab 13 hoch zu zählen“, sagt Oliver Bierhoff, der Manager der Nationalmannschaft. In der Mannschaft war die Höhe des Resultats laut Löw nie ein Thema. Das verbietet der sportliche Anstand. „Ich möchte den Gegner nicht abwerten“, sagt der Bundestrainer. Zumal der Gegner eine ähnliche Ansicht vertritt – nur umgekehrt. „Wir wissen, dass wir verlieren“, sagt Trainer Giampaolo Mazza. Dass am Sieg gegen San Marino kein Zweifel bestehe, haben vor knapp vier Monaten allerdings auch die Iren gedacht. In der vierten Minute der Nachspielzeit erzielten sie dann das 2:1.

Trotzdem ist es für die Deutschen heute so etwas wie das offizielle Ziel, den Sieg so weit wie möglich in die Höhe zu treiben – so wie die Mannschaft das im Hinspiel geradezu vorbildlich gemacht hat. Bierhoff fand es beeindruckend, dass die Spieler nie nachgelassen hätten. Er sieht darin den Charakter der Mannschaft: „Das war das beste Zeichen, das wir nach außen geben konnten.“

Ein hoher Sieg gegen den Zwergenstaat vom Mittelmeer, die Nummer 195 der Fifa-Weltrangliste, wäre auch als Argumentationsgrundlage für Joachim Löw wichtig. Der Bundestrainer hat sich in dieser Woche erneut dafür ausgesprochen, dass die kleineren Nationen sich einer Qualifikation vor der Qualifikation unterziehen sollten, damit der internationale Spielkalender entzerrt werde. „Jedes Mitglied der Uefa hat das Recht, auch gegen große Mannschaften zu spielen“, sagt San Marinos Trainer Mazza. Und selbst wenn die Ergebnisse ernüchternd ausfallen: Für seine Jungs seien diese Spiele eine wichtige Erfahrung. „Das Resultat wird grausam sein“, sagt Mittelfeldspieler Damiano Vannucci, „aber wir werden am Ende wissen, dass wir alles aus uns herausgeholt haben.“

Für die Deutschen hingegen wird die sportliche Herausforderung eher bescheiden sein. Sie setzen vor allem auf die therapeutische Wirkung des Spiels. „Das ist ein Gegner, der einen wieder aufbauen kann“, sagt Bierhoff, der dabei in erster Linie an den zuletzt kriselnden Miroslav Klose denkt. Der Stürmer werde „das eine oder andere Törchen“ machen. Dass der Gegner nur zweit- oder drittklassig war, würde dann keine Rolle mehr spielen.

„Es gibt unangenehmere kleinere Gegner“, sagt Oliver Bierhoff. Im Frankenstadion werden heute mehr Zuschauer sein, als San Marino Einwohner hat. Trainer Mazza muss zudem auf seinen Kapitän Andy Selva, den einzigen Profi des Landes und den besten Torschützen der Länderspielgeschichte von San Marino, verzichten. Der Stürmer bestreitet am Sonntag ein Play-off-Spiel. In dem geht es um den Aufstieg, und zwar in die zweite italienische Liga. Für ihn wird vermutlich Manuel Mariani auflaufen. Der 22-Jährige hat gegen Irland sein erstes Länderspieltor geschossen. Ob er nun das Ziel habe, Selva als Toptorjäger abzulösen, wurde Mariani von einem deutschen Journalisten gefragt. „Das ist unmöglich“, antwortete er. Andy Selva hat sechs Tore für San Marino erzielt.

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