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Sport: Das schlechte Geschäft mit dem Superprodukt

Beim Poker um die TV-Rechte für Bundesliga und Champions League könnte der Zuschauer zum großen Verlierer werden

Von Matthias Bartsch

und Daniel Pontzen

Berlin. In Sachen Fußball ist der Mann ziemlich leidenschaftslos. Comics mit kämpfenden Schildkröten haben im Leben des Fernsehmoguls Haim Saban bislang eine weitaus größere Rolle gespielt als des Deutschen liebster Sport. Dass der neue Gesellschafter der ProSiebenSat1 Media AG demnächst in einem generösen Moment die Bundesliga-Berichterstattung rettet, scheint ausgeschlossen. „Die Zukunft dieses Senders hängt nicht von der Fußball-Bundesliga ab“, sagte Saban dem „Focus“. „Der Preis für die Übertragungsrechte muss stimmen. Und momentan stimmt er nicht.“

Noch ist völlig unklar, wer im nächsten Jahr die Bundesliga und die Champions League im frei empfangbaren Fernsehen zeigt. Die abwartende Haltung der neuen Schlüsselfigur auf dem deutschen TV-Markt fügt sich ins Bild der Rechtediskussion. Während Manager wie Bayerns Uli Hoeneß den Fußball hartnäckig als „Superprodukt“ preisen, werden die Senderchefs nicht müde zu betonen, wie „defizitär“ das Geschäft sei. Diverse Sender haben daher schon abgewinkt. Die ARD lehnt eine Wiederbelebung der Sportschau ab, das ZDF fühlt sich als Zweitverwerter wohl. RTL ist lediglich an der Live-Übertragung einzelner Spiele interessiert, und das DSF kann sich nicht mehr leisten als das zurzeit angebotene Programm. Alles läuft darauf hinaus, dass nur eine Einigung zwischen Rechte-Inhaber Infront und Sat 1 den traditionsreichen Termin im samstäglichen Abendprogramm sichern kann.

Dabei erscheint Sabans Desinteresse als zu vernachlässigendes Problem. „Die Entscheidung gehört in die operative Verantwortung des Vorstands. Das ist keine Frage, die auf Gesellschafterebene entschieden wird“, sagt der Sprecher der ProSiebenSat1 Media AG, Torsten Rossmann. Nachdem Sat 1 eine Option auf die Verlängerung des Vertrages zu alten Konditionen verstreichen ließ, sind die Parteien nun immerhin an den Verhandlungstisch zurückgekehrt. Sat 1 tritt angesichts fehlender Mitbieter unbescheiden auf: Statt der bisherigen 80 will der Sender nur noch 50 Millionen Euro pro Saison zahlen, sich dafür aber gleich die Rechte bis 2006 sichern. Gut möglich also, dass eine Einigung mit Sat 1 für Infront mit einem empfindlichen Minusgeschäft verbunden wäre. Allein mit den 145 Millionen Euro, die Premiere auch nächste Saison für sein umfangreiches Rechtepaket zahlt, kann Infront rechnen. Die Vereine brauchen sich derweil noch nicht zu sorgen. Ihnen liegt für diese und die kommende Saison eine Bankbürgschaft von Kirch Media über 580 Millionen Euro vor.

In einem ähnlichen Dilemma wie Infront befindet sich die Schweizer Vermarktungsagentur Team, die für die Uefa die Champions-League-Rechte weltweit vermarktet. „Die TV-Verhandlungen gestalten sich nicht so einfach, vor allem nicht auf den großen Märkten Deutschland, Spanien und Italien“, sagte Gerhard Mayer-Vorfelder am Mittwoch bei der Sitzung des Uefa-Exekutivkomitees. Team hat immer noch keinen deutschen Sender gefunden, der ernsthaftes Interesse an den Rechten zeigt, mit Ausnahme von Premiere. Fürs Free-TV hatten bis zur Bewerbungsfrist am 14. Februar nur DSF und Tele 5 Angebote eingereicht, beide wären jedoch schon mit Highlights und einigen Live-Übertragungen zufrieden. Der bisherige Rechte-Inhaber RTL hat für seine Zurückhaltung und die der großen Sender eine einfache Erklärung: „Wir haben in den vergangenen Jahren ein Preisniveau erreicht, das mindestens um die Hälfte, wenn nicht sogar noch deutlicher sinken muss“, sagte Geschäftsführer Gerhard Zeiler der „Süddeutschen Zeitung“. „Wir können mit dem Fußball nicht auf Dauer Verlust machen.“ RTL ließ die Frist verstreichen, ohne ein Angebot abzugeben. Insider glauben, dass Zeiler höchstens die Hälfte der bisher angeblich 60 Millionen Euro pro Saison zahlen würde.

„Kein Kommentar“, heißt es seit Wochen aus Köln zum Thema Champions League. Da die Formel-1-Rechte für die Jahre 2004 bis 2008 gesichert sind und der Sender mit Skisprung-Übertragungen gute Quoten erzielt, deutet alles darauf hin, dass Fußball bei RTL zur Nebensache wird. Zumal der Sender eine neue Nische entdecken will. Motorradrennen im Fernsehen, sagt RTL-Sprecher Matthias Bolhöfer, „haben ein Riesenpotenzial“.

Matthias Bartsch, Daniel Pontzen

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