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Sport: "Das sind angenehme Probleme"

Ottmar Hitzfeld (53) ist einer der erfolgreichsten deutschen Fußballtrainer. Seit 1998 steht er bei Bayern München unter Vertrag.

Ottmar Hitzfeld (53) ist einer der erfolgreichsten deutschen Fußballtrainer. Seit 1998 steht er bei Bayern München unter Vertrag. Seitdem hat er in jeder Saison die Meisterschaft gewonnen. Außerdem wurde Hitzfeld im vorigen Jahr - wie schon 1997 mit Borussia Dortmund - Champions-League-Sieger. Weil die Bayern in dieser Saison kaum noch Chancen haben, Meister zu werden, wurde jetzt erstmals Kritik an Hitzfeld laut.

Herr Hitzfeld, die Falten im Gesicht werden wieder tiefer - muss man sich Sorgen machen?

Nein, ich fühle mich topfit. Außerdem lasse ich regelmäßig Herz und Kreislauf untersuchen. Die Sorgenfalten sind sicher berechtigt: Wir haben in den letzten Spielen die Erwartungen nicht erfüllt.

Dadurch ist eine besondere Situation für den FC Bayern entstanden: Er kämpft nicht um die Meisterschaft, sondern um Platz drei.

Das ist eine schwierige Ausgangslage. Es ist ein Unterschied, ob man Meisterschaftsambitionen hat oder ob man sich erst einmal mit anderen Dingen beschäftigt. Das ist gefährlich, da kann man schnell abstürzen.

Wohin denn abstürzen? Geht es noch tiefer als Platz sechs?

Siebter oder Achter, zum Beispiel. Der FC Bayern hat in den letzten Jahren alles gewonnen, was man gewinnen kann, und deshalb wird er gejagt. Jetzt wollen ihn viele stürzen sehen. Das ist in Deutschland nun mal so ein Phänomen: heute gefeiert und morgen fallen gelassen.

Ist es auch für den Trainer schwierig, diese neue Situation den Spielern zu vermitteln?

Ich spreche mit meinen Spielern darüber und muss versuchen, eine Trotzreaktion herauszuholen, und vor allem erreichen, dass das Team zusammenhält. Als Trainer muss man da hellwach sein und die Mannschaft jetzt eben für den dritten Platz motivieren.

Spannend ist aber auch die Frage, ob die Bayern jetzt Tribut zollen müssen für die physische Belastung der vergangenen Jahre.

Natürlich hat das Substanz gekostet. Die Nerven waren bis zur letzten Sekunde der Meisterschaft strapaziert. Und keiner hat so viele Spiele gemacht wie wir. Da kann man nicht in zwei Wochen Winterpause regenerieren und sagen: Wir sind wieder topfrisch.

Oliver Kahn hat die Belastung schon vor längerem kritisiert: Es sei unvorstellbar, ständig zu spielen und wichtige Spiele zu haben.

Wir sind auch mental total gefordert worden, aber wir sind bei Bayern München, und solange man beim FC Bayern einen Vertrag hat, muss man zu hundert Prozent für den Fußball leben.

Und dann wird man Meister und kann nicht mal richtig feiern, weil vier Tage später das Champions-League-Finale ansteht.

So ist es eben. Manchmal ist es schwierig, Abstand zu gewinnen.

Zu viele Erfolge können also für ein Team auch zum Problem werden?

Das sind angenehme Probleme - andere hätten die vielleicht gerne.

Jetzt müssen in einer Mannschaft, die sich im Umbruch befindet, Spieler die Zähne zusammenbeißen, die wissen, dass sie künftig nicht mehr dabei sind.

Auch die, die nächste Saison irgendwo anders sind, wollen sich gebührend verabschieden. Wir haben eine charakterfeste Mannschaft. Auch Stefan Effenberg will seine Ära beim FC Bayern erfolgreich beenden.

Seit dem 1:1 gegen Dortmund wird beim FC Bayern der Titel abgeschrieben - gleichzeitig hat Oliver Kahn das Verhältnis von Mannschaft und Trainer herausgestellt. Er hat von der Menschlichkeit des Trainers Hitzfeld im Umgang mit den Spielern gesprochen und davon, dass die Mannschaft davon etwas zurückzugeben hat.

Das höre ich zum ersten Mal, und das freut mich natürlich. Ich werde mich immer vor die Mannschaft stellen, solange ich spüre, dass sie alles gibt. Es ist ja nicht so, dass die Spieler sich auf die faule Haut legen, weil sie meinen, sie hätten schon alles erreicht.

Haben die Abgesänge auf den FC Bayern und auf seinen Trainer bei Ihnen Spuren hinterlassen?

Zum Glück bin ich schon seit vielen Jahren Trainer. Ich lese zurzeit nicht sehr viel Zeitung. Aber wenn man so eine Bilanz hat wie wir, braucht man sich über solche Schlagzeilen nicht zu wundern. Das gehört zum Job, und da ist ja auch Schmerzensgeld dabei.

Wann werden Sie denn Ihren Vertrag beim FC Bayern verlängern?

Das steht jetzt überhaupt nicht zur Debatte. Ich bin froh, wenn ich bis 2004 meinen Job gut erfüllen kann.

Wir fragen, weil Sie 2005 nach all den zugigen Jahren im Olympiastadion in der neuen Münchner Arena Platz nehmen könnten.

Ich schaue erst mal, dass ich das nächste Vierteljahr als Trainer überlebe.

Herr Hitzfeld[die Falten im Gesicht werden wieder]

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