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Serie Das Spiel meines Lebens mit Matthias Brandt: 07.05.1996, Werder Bremen – Bayern München 3:2

Kurz vor der Halbzeit der Anschlusstreffer durch Bernd Hobsch: Und daraufhin ging etwas Unglaubliches ab.

Ich gehe oft allein zum Fußball. Im Stadion bin ich ein ziemlich schweigsamer Geselle, mir liegt nicht sehr viel an der Entäußerung, ich implodiere eher. Doch bei dem Spiel gegen die Bayern bin ich förmlich explodiert – und das ging auch gar nicht anders. Als Fan wünscht man sich immer, dass man den Ausgang eines Spiels beeinflussen könne. Aber eigentlich funktioniert das nie. Und hin und wieder gibt es sie dann doch, diese Spiele. Bei unserem Sieg gegen die Bayern schreibe ich mir durchaus selbst einen bescheidenen Anteil zu. Ich glaube, dass es zu einem Dreißigtausendstel an mir lag, dass es so kam, wie es kam. Und dieses Gefühl hatte ich selten in solch einer Klarheit. Aber von vorne: Das Spiel lief erst einmal völlig vorhersehbar ab, nach 20 Minuten führten die Bayern durch zwei Tore von Emil Kostadinov. Im Stadion breitete sich allgemeine Tristesse aus, man fügte sich dem Unvermeidlichen. Doch kurz vor der Halbzeit der Anschlusstreffer durch Bernd Hobsch. Und daraufhin ging etwas Unglaubliches ab. Unausgesprochen gab es in der Pause unter den Zuschauern die Verabredung, das Ding noch zu drehen. Eine bienenstockhafte Unruhe, die sich da ausbreitete. Eine nervöse Gespanntheit. Jubel. Es war atmosphärisch so sehr greifbar, dass da ein gruppendynamischer Prozess stattfand, dem sich die Bayern fügen mussten. Und als die Spieler aus der Kabine kamen, war bei ihnen die Irritation spüren. Die guckten so im Sinne von: Was ist jetzt hier los? Und dann nahmen die Dinge ihren Lauf. Es war ja nicht mehr die Frage, ob da noch zwei Tore fallen, sondern wann sie fallen. Wir waren uns alle total klar darüber, dass wir dieses Spiel gewinnen werden. Die Bremer Spieler mussten also nur noch die Exekution eines Ergebnisses durchführen, das bereits feststand. Und das erledigte Marco Bode mit einem Doppelpack. Wir hatten es geschafft! Ich hatte es geschafft! Und das war ein sehr erhebendes Gefühl. (Protokoll: Benjamin Apitius)

Matthias Brandt

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