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Sport: Das Spiel töten

Ekuador zeigt beim 0:1 in Holland seine Stärken

Es zählt zu den Mythen des internationalen Fußballs, dass die Fans der holländischen Nationalmannschaft als besonders enthusiastisch gelten. In Wirklichkeit verlangt das Oranje-Publikum permanente Unterhaltung, andernfalls wird es sehr ungehalten. Am Mittwoch, beim Freundschaftsspiel gegen Ekuador, begleiteten wütende Pfiffe die Fußballer in die Pause, und als kurz darauf über die Stadionlautsprecher die Höhepunkte der ersten Halbzeit angekündigt wurden, brachen die Fans in der Amsterdam-Arena in hämisches Lachen aus. Mehr als zwei Szenen konnten – selbst bei gründlicher Recherche – nicht aufgetrieben werden. In der zweiten Hälfte wurde es zwar etwas besser, doch ein 1:0 gegen Ekuador ist nichts, was die holländischen Fans in Verzücken versetzt.

Beschämend bis furchtbar fand die niederländische Presse das Spiel ihrer Mannschaft, und Barry Opdam, Innenverteidiger der Holländer, musste sich von einem Journalisten unwidersprochen vorhalten lassen, dass die erste Halbzeit das Schlechteste gewesen sei, was er seit langem gesehen habe. Die Ekuadorianer dürfen diese Klagen durchaus als Kompliment verstehen. „Wir haben gezeigt, dass wir gleichwertig sind“, sagte ihr Trainer Luis Fernandez Suarez. Für die deutsche Nationalmannschaft, die am 20. Juni in Berlin im letzten Vorrundenspiel der WM auf Ekuador trifft, ist das alles andere als eine beruhigende Erkenntnis.

In Amsterdam wies die Statistik am Ende 57 Prozent Ballbesitz zugunsten der Holländer aus, doch wie so oft dokumentierte diese Ziffer nicht die Überlegenheit des Favoriten, sondern dessen Schwierigkeiten mit dem defensiv überzeugenden Gegner. Der moderne Fußball verlangt nach schnellen Abschlüssen, Ekuadors Trainer Suarez aber wusste diese effektiv zu verhindern. Vor die Viererabwehrkette hatte er zwei defensive Mittelfeldspieler postiert, die den zielgerichteten Spielaufbau der Holländer weitgehend unterbanden. Bemerkenswert war vor allem die taktische Disziplin der Ekuadorianer. „Die Organisation war sehr gut“, sagte Suarez. „Auch bei Ballverlust haben wir die Ruhe behalten.“ Das Spiel töten – so nennen es die Brasilianer, wenn es einer Mannschaft gelingt, in den sensiblen Zonen des Mittelfeldes gefährliche Angriffe ihres Gegners zu verhindern, meist durch taktische Fouls. Die Ekuadorianer schafften dies auch ohne Fouls. Der dribbelstarke Arjen Robben, der im August beim 2:2 gegen Deutschland beide Tore für die Niederlande erzielt hatte, war in der ersten Halbzeit gegen Ekuador weitgehend aus dem Spiel genommen. Das reichte schon, um aus einer wagemutigen Mannschaft eine biedere und hilflose Truppe zu machen. „Wir wollten sie unter Druck setzen“, sagte Mark van Bommel vom FC Barcelona. „Aber das ist uns nicht besonders gut gelungen.“

Nur zwanzig Minuten nach der Pause dominierten die Holländer das Spiel. Sie erhöhten das Tempo, attackierten früher, spielten direkt und deckten damit die Schwächen der Ekuadorianer auf. „In der zweiten Halbzeit mussten wir unseren Gegenspielern ständig hinterherlaufen“, klagte Trainer Suarez. So fiel auch das 1:0. Robben flankte in den Strafraum, Martijn Meerdink legte mit dem Kopf ab, und Dirk Kuyt vollendete. Hollands Trainer Marco van Basten wurde nach dem Spiel gefragt, welchen Fehler Ekuador gemacht habe. „Der einzige Fehler war, dass sie ein Tor kassiert haben“, antwortete van Basten. Man kann wohl davon ausgehen, dass Suarez intensiv daran arbeiten wird, diesen Fehler bei der WM unter allen Umständen zu vermeiden.

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