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Sport: Das System Peters wird fortgesetzt

Die Ideen des Trainers leben beim Hockey weiter, aber von nun an arbeitet er beim Fußball

Es ist schon spät am Abend, als Bernhard Peters seinen letzten großen Auftritt bekommt, aber große Auftritte mag Peters nicht besonders. Auf der Bühne im Mönchengladbacher Hockey-Park stehen die Nationalspieler, alle Mitglieder des Trainerteams sind einzeln heraufgerufen worden, nur Bernhard Peters fehlt noch. „Börnie, Börnie!“, rufen die Zuschauer. Er kommt nach oben und steht jetzt in der ersten Reihe. Wenigstens muss er nichts sagen. Die Musik spielt, die Weltmeister tanzen, und Peters bewegt seinen Arm ein bisschen. Besonders anmutig sieht das nicht aus. Nach dem ersten Lied hüpft Peters wieder von der Bühne und verdrückt sich ins Publikum. Die Party geht ohne ihn weiter.

Es ist eine nette Pointe: Ausgerechnet der Mann, der die Öffentlichkeit meidet, hat dem deutschen Hockey dazu verholfen, dass es in der Öffentlichkeit so gut dasteht wie nie zuvor. Knapp sechs Jahre war Bernhard Peters Bundestrainer, in dieser Zeit ist er Europameister geworden, er hat bei Olympia Bronze gewonnen, wurde vor vier Jahren zum ersten Mal mit einer deutschen Mannschaft Weltmeister, und am Wochenende hat er den Titel erfolgreich verteidigt – an seinem letzten Arbeitstag beim Deutschen Hockey-Bund. Seit 1985 hat Peters für den DHB gearbeitet, jetzt, mit 46 Jahren, wechselt er die Sportart. Im Oktober fängt Peters beim Fußball-Regionalligisten TSG Hoffenheim an, als Direktor für Sport und Jugend-Koordination. „Das ist ein riesiger Verlust für uns“, sagt DHB-Präsident Stephan Abel.

Erfolgreich ist der DHB mit seinen Mannschaften immer schon gewesen, und trotzdem hat er es nie geschafft, dauerhaft aus der Nische der Randsportarten herauszukommen. Das ist erst Peters gelungen, und zwar paradoxerweise mit der Ankündigung seines Abschieds aus dem Hockey. Im Februar wurde Peters von Jürgen Klinsmann als Kandidat für den Posten des Sportdirektors beim Deutschen Fußball-Bund ins Spiel gebracht, und obwohl der Bundestrainer mit seinem Plan an einer Koalition aus „Bild“ und den alten Männern im DFB scheiterte, sagt DHB-Präsident Abel noch heute: „Die Diskussion war für uns ausgesprochen gut.“ Zum ersten Mal hat sich eine breitere Öffentlichkeit mit den Methoden und Konzepten des Hockeytrainers Peters beschäftigt: Was ist denn dran an diesem Mann, wenn Klinsmann ihn unbedingt haben will? Bei genauerer Betrachtung stellte sich heraus, dass vieles, was im Fußball noch als revolutionär galt, im Hockey seit Jahren praktiziert wird. In der öffentlichen Wahrnehmung wurde aus dem kleinen, unscheinbaren DHB plötzlich ein innovativ denkender und kreativ arbeitender Musterverband.

„Ich versuche seit 20 Jahren, ein System dahinterzulegen“, sagt Peters. Nachhaltigkeit ist sein Thema, er wollte Strukturen schaffen, die es dem deutschen Hockey ermöglichen, auf Dauer international konkurrenzfähig zu bleiben. „Wo sind die Grenzen? Das will ich herausfinden“, sagt Peters. Wenn er vor der Hockey-WM darauf angesprochen wurde, ob er etwas von Jürgen Klinsmann und dessen Erfahrungen bei der Fußball-Weltmeisterschaft lernen könne, hat er immer süffisant gelächelt. Klinsmann war gerade einen Monat als Bundestrainer im Amt, als er zum ersten Mal mit Peters zusammentraf. Peters stellte ihm sein gesamtes Programm vor, Klinsmann hörte zu. „Er hat quasi einen ganzen Block voll geschrieben“, sagt Peters. „Später habe ich mich dann in manchen seiner Äußerungen und Methoden wiedererkannt.“ Trotzdem wird Peters jetzt manchmal gefragt, ob er und Trainer Ralf Rangnick in Hoffenheim das System Klinsmann fortführen wollten.

Peters wird in Hoffenheim das System Peters fortführen; er wird versuchen zu zeigen, dass Erfolg in gewissem Maße planbar ist. So wie auch der WM-Titel der Hockey-Nationalmannschaft eben keiner glücklichen Fügung entsprungen ist. Als die Deutschen im Finale 1:3 gegen Australien zurücklagen, resignierten sie nicht; sie waren auf diese Situation vorbereitet und wussten, was zu tun war. Am Ende siegten sie 4:3. „Der Kerl hat einen unglaublichen Siegeswillen und einen unheimlichen Sachverstand“, sagt Mittelfeldspieler Björn Emmerling über Bernhard Peters. „Er war der Kopf des Projekts Weltmeisterschaft.“ Emmerling berichtete, dass er mit seinem Trainer oft aneinander gerasselt sei. Peters war nicht immer einfach, er hat an der Seitenlinie geflucht, getobt und geschimpft. In gewisser Weise muss man aber auch das als Kompliment an seine Spieler verstehen. Bernhard Peters hat ihnen zugetraut, was für ihn immer selbstverständlich war: Perfektion.

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