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Sport: Das Tempo ist das Problem

Die Formel 1 diskutiert über die Sicherheit

Als der BMW-Williams vor knapp zwei Wochen in die Mauer der Steilkurve einschlug, hinterließ er viel mehr als Trümmer und einen verletzten Fahrer. Ralf Schumachers Unfall in Indianapolis hat der Formel 1 auf unerfreuliche Weise ein zuletzt vernachlässigtes Thema nahe gebracht: die Sicherheit. Seitdem wird diskutiert, auch in Magny-Cours, wo am Sonntag der Große Preis von Frankreich ausgetragen wird. Sind die Autos – speziell in den Kurven – zu schnell geworden? Muss man sie einbremsen? Ist die Sicherheit an den Strecken ausreichend?

Die Piloten, ansonsten eher Einzelkämpfer, sind sich ausnahmsweise einig. Ein Treffen der Fahrergewerkschaft GPDA zu diesem Thema ist anberaumt, dabei steht die Schlussfolgerung eigentlich schon fest: Es muss sich etwas ändern. Das belegte nicht nur der schwere Unfall von Juan Pablo Montoya im gestrigen Freien Training, der erneut einen schrottreifen Williams hinterließ. Renault-Fahrer Jarno Trulli, einer der Sprecher der GPDA, kennt das Grundproblem: „Die Geschwindigkeiten werden immer höher.“ Die Fahrer und der Automobilsportverband Fia müssten zusammenarbeiten, „damit das nicht aus dem Ruder läuft“. Den Anfang machte der scheidende Fia-Präsident Max Mosley, der für 2005 eine deutliche Reduzierung der Motorenleistung anstrebt. Allerdings ist das in der Kürze der Zeit wohl technisch nicht umzusetzen.

Die GPDA hat im Zusammenhang mit Ralf Schumachers Unfall aber noch mehr auszusetzen. „Wir sind sehr unzufrieden damit, wie da vieles abgelaufen ist“, sagt Trulli. Er meint vor allem die Tatsache, dass die medizinische Hilfeleistung so lange auf sich warten ließ und dass die Trümmerteile so lange auf der Strecke lagen. Für die anderen Piloten erhöhte sich dadurch das Risiko eines Reifenschadens. Nick Heidfeld kritisiert, dass der Arztwagen „so weit ich weiß in Fahrtrichtung fahren muss“. Falls ein Unfall – wie bei Schumacher – also direkt bei Start und Ziel passiert, müsste er eine ganze Runde zurücklegen, „und das dauert halt. Es wäre schön, wenn man das irgendwie verkürzen könnte. Aber wir Fahrer können da nicht einfach etwas ändern, diese Macht haben wir nicht.“

Doch auch die mit mehr Einfluss ausgestatteten Teams machen sich Gedanken. „Das Thema ist noch nicht vom Tisch“, sagt BMW-Motorsportdirektor Mario Theissen. Die Sicherheitsdebatte soll allerdings vor allem intern geführt werden. In jedem Fall will sich Theissen nicht mit der Erklärung der Fia zufrieden geben. Sie hatte erklärt, es habe keine Verzögerungen in der medizinischen Betreuung gegeben – alle Prozeduren und Standards seien eingehalten worden, der Arzt in den vorgegebenen zwei Minuten beim verunglückten Schumacher gewesen. Mag sein, sagt Theissen, „aber zwei Minuten sind, wenn es wirklich mal um Sekunden geht, immer noch sehr lang“. Wenn das die derzeitigen Standards seien, dann müsse man diese eben überdenken.

Es wird viel überlegt momentan in der Formel 1. Über ein zusätzliches Medical Car vor der Boxeneinfahrt, das schnell den Start-Ziel-Bereich erreichen kann, könnte bereits in Magny-Cours entschieden werden. Die Unfälle von Ralf Schumacher in den USA und Felipe Massa in Montreal haben nachdenklich gemacht. Man möchte nicht wieder den Fehler machen, die Warnsignale zu überhören wie zuletzt 1994. Damals wähnte man sich trotz schwerster Unfälle in Sicherheit – bis bei einem Rennen zwei Fahrer starben.

Auch für Ralfs Bruder Michael sind „ein paar Alarmglocken angegangen“. Er werde „eine Menge Dinge“ ansprechen, „und ich bin sicher, dass da auch was passieren wird“. Er wolle das aber lieber innerhalb der Fahrergewerkschaft besprechen. Eine Konsequenz hat Michael Schumacher immerhin bereits gezogen: In Frankreich wird er mit einem neuen Helm fahren, der zwar etwas schwerer ist als sein alter, aber dafür doppelt so stabil. Die Sicherheit ist das Thema derzeit, auch für Michael Schumacher. Auch wenn er sagt: „Ich mache mir mehr Sorgen um andere als um mich selbst.“

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