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Sport: Das verletzliche Krokodil

Bayer Leverkusen spielt schlecht – gewinnt aber immerhin

Leverkusen. Keiner wagte es, Lucio zu gratulieren. Auch wenn irgendjemand auf die Idee gekommen wäre, ihm auch nur einen anerkennenden Klaps auf die Schulter zu geben – sie hätten ihn nicht greifen können nach dem wichtigen 2:1-Sieg Bayer Leverkusens in der Champions League gegen Maccabi Haifa, so schnell sprintete Lucio nach dem Schlusspfiff in die Kabine. Keine Frage, der für seinen Ehrgeiz und Jähzorn bekannte Weltmeister war derart giftig auf seine Leistung, dass er jedes nur so geringe Anzeichen von Jubel als Hohn empfunden hätte. Und er war nicht nur giftig, er war in Rage. Denn nie in diesem Spiel war er auf Betriebstemperatur gekommen, völlig unerklärlich sprangen ihm diverse Bälle vom Fuß, und er verlor Zweikämpfe, die er sonst nicht verliert.

Lucio personifizierte damit die Stimmung an diesem seltsamen Europapokal-Abend. Bereits zur Halbzeit hatte Bayer-Manager Reiner Calmund die Leistung „zum Kotzen“ gefunden, hatte „keine Zweikämpfe und nur Standfußball gesehen“. Da half nicht einmal, dass der kroatische Nationalspieler Marko Babic in der 45. Minute zur Leverkusener Führung getroffen hatte. Der Kopfball war der erste Ball auf das Tor der Israelis gewesen. Bayer Leverkusen hatte zunächst abwarten wollen, doch dieses Abwarten entsprach nicht der Souveränität einer Spitzenelf. Ein wirkliches Klasseteam operiert wie ein stoisches Krokodil, das, selbst völlig ungefährdet, in seichten Gewässern auf unvorsichtige Aktionen der Beute wartet.

Doch Bayers Abwehr war alles andere als unverletzlich. Haifa hätte gewinnen müssen, so viele Chancen hatte die Mannschaft; aber der Außenseiter bemerkte zu spät, dass er es nicht mit einem gefährlichen Krokodil zu tun hatte. Pralijas Ausgleich war wahrlich überfällig, zu mehr reichte es nur deswegen nicht, weil einfach die Abgebrühtheit vor dem Tor fehlte. Am Ende verhinderte Leverkusens Torhüter Butt ein weiteres Heimdebakel, und Juan sicherte seinem Team mit dem 2:1 sogar noch den Sieg.

Neben den beiden Torschützen und Torhüter Butt gab es nur zwei Lichtblicke im Leverkusener Spiel: Mittelfeldspieler Yildiray Bastürk und den genesenen Zoltan Sebescen, der die Vorlagen zu beiden Toren gab. Calmund fand das Spiel, als es endlich zu Ende war, nur „bitter, bitter, finster“, sprach gar von „Zweitliga-Niveau“. Die Spieler indes waren spät am Abend nur froh über die drei gewonnenen Punkte, auch wenn sie laut Jörg Butt wissen, „dass wir noch viele Probleme in unserem Spiel haben“. Sie wollen sich steigern, sagt Butt, „von Spiel zu Spiel, angefangen beim nächsten Ligaspiel in Berlin“. Das dürfte nicht schwierig sein für Bayer: Grausamer als am Mittwoch kann es kaum werden.

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