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Das Wort zum Spieltag: ABSCHIED

Die Bundesliga ist erfolgsüchtig, spielsüchtig und, auch das noch, harmoniesüchtig. Das ist immer an ihrem Saisonende zu sehen, wenn die Vereinsbosse auf den Rasen treten und den scheidenden Spielern Blumen und unpersönliche Geschenke in die Hand drücken.

Die Bundesliga ist erfolgsüchtig, spielsüchtig und, auch das noch, harmoniesüchtig. Das ist immer an ihrem Saisonende zu sehen, wenn die Vereinsbosse auf den Rasen treten und den scheidenden Spielern Blumen und unpersönliche Geschenke in die Hand drücken. Gerne eine Luxusuhr, als Symbol dafür, dass nun eine neue Zeit beginnt. Die Zeit von Rolex ist abgelaufen, jetzt beginnt die von Maurice Lacroix. Die Bosse nehmen die Spieler auch noch kurz in den Arm, bis sich Männerbrüste berühren, und sagen ein oder zwei Sätze, von denen man gerne wüsste, ob sie ihnen spontan oder nach langer Überlegung über die Lippen kommen. Dann winken die Spieler einmal mit ihrem Blumengruß. In diesem Moment soll vergessen sein, wie sehr beide Seiten in den vergangenen Wochen erfolglos um einen neuen Vertrag stritten oder über sich gegenseitig schlechte Dinge sagten. Nach dem Spiel erfährt die Harmoniesucht der Bundesliga ihre höchste Befriedigung, wenn auch noch die Kinder der Spieler mit aufs Feld kommen und die Spieler anfangen zu weinen. Nirgends wird so viel gelogen wie bei Begräbnissen und Verabschiedungen, aber die Tränen erwecken den Anschein, dass vielleicht doch alles von Herzen kommt. Dass man sich wirklich in guter Erinnerung behalten wird. Am Ende soll alles wieder gut sein, das ist der Bundesliga wohl am liebsten, so wie derjenige immer verdient Meister wird, der nach dem letzten Spieltag oben steht. Alles andere wäre Nachtreten, und Nachtreten ist die schlimmste Sünde des Fußballs.

Friedhard Teuffel

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