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Sport: Das Wunder Matthäus

Wie Ungarns Nationalcoach Bescheidenheit übte

Kaiserslautern/Berlin 90 Minuten lang hatte Lothar Matthäus sich bemüht, gelassen zu wirken. Während des Spiels gegen Deutschland, sein Deutschland, war der ungarische Nationaltrainer einige Male an die Außenlinie gerannt, hatte ein paar Worte gerufen und dezent gestikuliert. Das war alles, sonst stand Matthäus relativ reglos an der Auswechselbank. Bei den Toren seines Teams klatschte er kurz und gönnte seinem Gesicht keine Züge von Triumph. Danach aber, als ihm die Reporter endlich die Mikrofone vor die Nase hielten, durfte Lothar Matthäus sein, wie er ist: gesprächig.

Im dunkelblauen Anzug und mit kurz geschnittenen Haaren sah der 43-Jährige mal wieder aus wie 20, lächelte dieses Matthäus-Ich-bin-ein-Spitzbube-Lächeln und verkündete ungeduldig die Botschaft, die er am liebsten schon während des Spiels hinausgeschrien hätte, dass nämlich alle Zeugen des „Wunders von Kaiserslautern“ geworden seien und dass er mächtig „stolz auf meine Jungs ist“, die er Tage zuvor ziemlich beschimpft hatte. Lothar Matthäus hatte nämlich alle Welt wissen lassen, dass es „neben Besiktas Istanbul viele andere interessierte Vereine gibt“, die ihn haben wollten und dass man, da sei er gar nicht so, „nach dem Länderspiel gern darüber reden könne“. Lothar Matthäus ist zwar „als Spieler sehr treu gewesen, und auch als Trainer würde ich gern länger mit einem Team zusammenarbeiten, um meinen Stempel aufzudrücken“. Aber: „Das fehlt mir in Ungarn.“ Und so beinhaltete das „Wunder von Kaiserslautern“ auch, dass sich Matthäus plötzlich zu Ungarn bekannte, auch, weil die Mannschaft „die Niederlage von 1954 nun hat vergessen gemacht“.

Gestern wiederum wurde bekannt, dass Besiktas Istanbul nicht Lothar Matthäus, sondern den ehemaligen Trainer von Real Madrid, Vicente Del Bosque, verpflichtet hat. Lothar Matthäus dagegen ist „nach diesem Erlebnis“ erst einmal in den Urlaub gefahren. ale

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