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DDR-Doping: Ausgang aus der Geschichte

Erstmals wollen sich ostdeutsche Trainer zum DDR-Doping erklären – auch, um weiterarbeiten zu können.

Fast zwei Jahrzehnte nach dem Ende der DDR zeichnet sich eine einvernehmliche Lösung für Trainer ab, die ins Staatsdoping der DDR eingebunden waren. Wie am Rand der deutschen Hallenmeisterschaften in Leipzig bekannt wurde, arbeiten Leichtathletik-Bundestrainer aus dem Osten gerade an einer Erklärung, in der sie ihre Schuld anerkennen. Sie soll so formuliert werden, dass sie trotzdem eine Weiterbeschäftigung und Bezahlung aus Steuermitteln ermöglicht. „Das wäre die einmalige Chance, um sich ehrlich zu machen“, sagte Eike Emrich, der für Leistungssport zuständige Vizepräsident des Deutschen Leichtathletik-Verbandes. Verbandspräsident Clemens Prokop ergänzte: „Es wäre ein Präzedenzfall für den gesamten deutschen Sport.“

In zahlreichen Prozessen waren in den vergangenen Jahren Trainer aus verschiedenen Sportarten verurteilt worden, die minderjährigen Athleten Dopingmittel gegeben hatten. Viele belastete Trainer konnten jedoch unbehelligt im gesamtdeutschen Sport weiterarbeiten. Nur wenige Trainer haben sich zu ihrer Beteiligung am DDR-Dopingsystem geäußert. „Es geht jetzt nicht mehr um strafrechtliche Aufarbeitung, sondern um eine moralische“, sagte Emrich. Die Lösung sei daher keine Amnestie, sondern eine „verdiente zweite Chance“, wie Emrich es nannte. Der aus dem Westen stammende Chef-Bundestrainer Herbert Czingon sagte: „Die Trainer haben sich durch viele Jahre saubere Arbeit bewährt.“

Sieben Trainer des DLV sollen in der DDR Dopingmittel weitergegeben haben. Öffentliche Aufmerksamkeit hatte vor allem Wurftrainer Werner Goldmann erhalten. Der frühere Kugelstoßer Gerd Jacobs hatte Goldmann vor den Olympischen Spielen in Peking beschuldigt, ihm in den achtziger Jahren Anabolika gegeben zu haben. Goldmann wurde darauf vom DLV nicht weiterbeschäftigt und klagt nun vor dem Arbeitsgericht auf Wiedereinstellung. Wie berichtet, hatte der Fall im deutschen Sport heftige Kontroversen ausgelöst – zumal Jacobs später zugab, selbst für die DDR-Staatssicherheit gearbeitet zu haben. Werner Goldmann, der auch Trainer des Berliner Diskuswerfers Robert Harting ist, wird eine Erklärung jedoch vorerst nicht viel helfen. „Es wird in der Angelegenheit Goldmann keine Lösung geben, ohne dass der Fall Jacobs aufgeklärt ist“, sagte Prokop, „ich will erst wissen, ob Jacobs die Wahrheit gesagt hat.“ Das Vertrauensverhältnis sei zudem durch den Arbeitsgerichtsprozess belastet.

Die Erklärung der anderen ostdeutschen Trainer könnte schon in dieser Woche vorliegen. Wie viele der sieben sie unterzeichnen, ist noch nicht bekannt. „Ich erwarte eine klare Positionierung. Sie müssen ihre Fehler anerkennen und beschreiben“, sagte Prokop. In die Gestaltung der Erklärung will sich der DLV nicht einmischen, die Initiative müsse ganz von den Trainern ausgehen, „es geht ja um ihre Glaubwürdigkeit“, sagte Prokop. Anschließend werde er das Schreiben prüfen und sich mit dem Bundesinnenministerium und dem Deutschen Olympischen Sportbund (DOSB) besprechen, die das Geld für die Trainergehälter zahlen und verteilen. „Ich kann mir nicht vorstellen, dass sich der DOSB einer vernünftigen Lösung entgegenstellt“, sagte Prokop.

Dem Verbandschef ist an einer raschen Klärung gelegen, „dann hätten wir ausreichenden zeitlichen Abstand zu den Weltmeisterschaften in Berlin“. Die Erklärung der Trainer werde eine weitere Aufarbeitung der Dopingvergangenheit im Osten und Westen Deutschlands nicht ersetzen. „Die Erklärung müsste der Auslöser sein“, sagte Trainer Czingon.

Während das Doping der DDR in zahlreichen Akten dokumentiert ist, lässt sich das Doping in der alten Bundesrepublik nur schwer nachzeichnen. „Da erhoffen wir uns Aufarbeitung durch ein Projekt des Bundesinstituts für Sportwissenschaft“, sagte Emrich. Die Erklärung der Trainer kommt für den DLV-Vizepräsident nun aber immerhin einem „individuellen Schlussstrich“ der ostdeutschen Trainer gleich. Emrich sagte: „Wir wollen den schweren Rucksack mit den Altlasten auspacken und dann in die Ecke stellen.“

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