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Ein Idol mit verklärtem Geschichtsbild. Gustav-Adolf, genannt "Täve" Schur bei der Radweltmeisterschaft der Straßenamateure 1960 auf dem Sachsenring.

© dpa

DDR-Radsportlegende: Täve Schurs Ablehnung ist eine Niederlage für die Hall of Fame

Die Fokussierung der Hall of Fame auf das uneingeschränkt Vorbildhafte macht Verständigung schwer. Das zeigt die Ablehnung von Täve Schur. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Friedhard Teuffel

Es waren Emotionen, die kurz vor der Ziellinie aus einem sicher geglaubten Sieg noch eine Niederlage gemacht haben. Täve Schur, der vielleicht populärste Sportler der DDR, Gewinner der Friedensfahrt und Radweltmeister, hatte schon viele Stimmen der Jury für die Aufnahme in die Hall of Fame des deutschen Sports zusammen. Doch als er in einem Interview den DDR-Sport als Gesundheitssport pries und die Dopingopfer ignorierte, entschieden sich Wohlmeinende und Unentschlossene noch gegen ihn. So ist der 86-Jährige zum zweiten Mal nach 2011 abgelehnt worden. Es wird der letzte Versuch gewesen sein, ihn in diesen Kreis aufzunehmen.

Die Empörung ist nun bei den einen verständlicherweise genauso groß, wie sie bei einer Aufnahme bei den anderen gewesen wäre. Als Einziger der Vorschlagsliste hat er die Mehrheit der Stimmen von 50 Prozent nicht erreicht, Heike Drechsler und Lothar Matthäus sind dafür drin. Schurs Geschichtsbild ist in der Tat verklärt und wirr. Aber Schur stand nicht als Geschichtslehrer zur Abstimmung, sondern als Athlet, der in der DDR Menschen massenhaft begeistert hat und mit seinem eigenen Erfolg bescheiden umgegangen ist. 27 Jahre nach der Deutschen Einheit hat die Hall of Fame damit keinen Beitrag zur Verständigung geleistet, sondern noch einmal eine alte Frontstellung aufgezeigt.

Die Abstimmung ist also vor allem eine Niederlage für die Hall of Fame selbst, gerade wenn ein Interview ausgereicht haben sollte, um eine Lebensleistung doch noch einmal anders zu beurteilen. Die Fokussierung auf Fame, auf Ruhm, auf das uneingeschränkt Vorbildhafte macht es schwer, die Institution als Gedächtnis des deutschen Sports zu sehen. Auch wenn sich die Sporthilfe als ihr Ideengeber und Koordinator glaubwürdig bemüht, den Leistungssport werteorientiert und mit allen Abgründen zu sehen.

Täve Schur wäre nicht der einzige Sportler mit Angriffsfläche in der Hall of Fame. Ohne ihn weist sie nun eine Lücke auf. Ihn selbst werde man nicht mehr ändern, hat Schur gesagt. Die Hall of Fame könnte man ändern.

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