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Sport: „Den Deutschen fehlt die Lust am Spiel“

Warum Eckehard Moritz’ „Sportkreativwerkstatt“ seltsame Bälle und Spezialwachs entwickelt

Herr Moritz, in Ihrer „Sportkreativwerkstatt“ werden ziemlich ungewöhnliche Sportgeräte entwickelt. Zum Beispiel ein Fußball, der sich je nach Schussgeschwindigkeit verfärbt. Wird Deutschland durch diesen Ball in zwei Jahren Weltmeister?

Natürlich nicht. Aber wenn man die Europameisterschaft in Portugal gesehen hat, kann man schon glauben, dass dem deutschen Fußball etwas Wichtiges fehlt: die Lust am Spiel. Unsere Idee mit dem Ball wäre nur eine von unzähligen denkbaren Möglichkeiten, technischen Fortschritt im Fußball so einzusetzen, dass Jugendliche im Verein oder in der Freizeit mehr Spaß am Spiel haben.

Sie haben in München einen einflussreichen Fußballverein. Was hält der FC Bayern München von ihren Ideen?

Wir haben gute Kontakte dorthin und wollen demnächst mit Trainern und Spielern des Vereins sprechen. Mehr möchte ich aber im Moment nicht dazu sagen.

Mit welchen Profisportlern haben Sie bisher zusammengearbeitet?

Christoph Langen, der Bobweltmeister und Olympiasieger, hat sich bei uns Vorschläge zur Verbesserung seines Bobs geholt. Und der Deutsche Skiverband hat angefragt, wie man die Gleitfähigkeit der Rennski erhöhen kann. Wir haben uns Gedanken gemacht, wie der Belag bearbeitet sein muss, wie die Struktur aussehen und welche Art Wachs man entwickeln müsste.

Was kam dabei heraus?

Wir sind mit Trainern und Verantwortlichen zu einem großen Chemiekonzern gefahren und haben Vorschläge gemacht, mit welchen Forschungsrichtungen man zusammenarbeiten müsste.

Die „Sportkreativwerkstatt“ stellt selbst nichts her?

Wir haben eine Prototypen-Fertigung, um Ideen umsetzen und ausprobieren zu können. Aber wir verstehen uns eher als als forschende Moderatoren. Wir wollen neue Entwicklungen andenken und anschieben – indem wir die richtigen Partner zusammenbringen, die diese Ideen möglichst perfekt umsetzen können. Also überlegen wir uns, welche Forscher mit welchen Firmen und Sportlern so zusammenarbeiten könnten, dass am Ende eine wirkliche Innovation dabei herauskommt.

Viele Sportartikelhersteller haben inzwischen eigene Forschungslabors, die längst Erkenntnisse aus verschiedensten wissenschaftlichen Forschungsrichtungen nutzen.

Aber immer noch fühlen sich zum Beispiel sehr viele Universitäts-Lehrstühle zuerst ihrer wissenschaftlichen Disziplin verpflichtet. In der Praxis ist das oft ein Problem: Dann werden zwar die tollsten Sachen entwickelt. Doch wenn man fragt, was das dem Sportler bringt, herrscht Schweigen. Wir fragen zuerst, ob eine Idee für diesen oder jenen Sport zielführend ist. Oder ob sie Spaß macht. Und da hilft es oft, wenn man eine etwas distanziertere Sicht auf Forschungserkenntnisse hat als die Forscher oder Firmen selbst.

Wie können Sie sicher sein, dass Sie Distanz zur Forschung wahren können?

Unsere Ideen entstehen nur zum Teil im Büro. Viel öfter entstehen sie, wenn unsere Mitarbeiter gemeinsam Sport machen.

Das Gespräch führte Marc Neller.

Eckehard Moritz (43)

ist Leiter der „Sportkreativwerkstatt“, in der seit 2000 Sporttechnik entwickelt wird. Sie wird von der Technischen Universität Münchengetragen.

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