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Hürde genommen. Janne Meyer konnte mit ihrem Pferd Lambrasco im Nationenpreis beim Chio in Aachen mit einer fehlerlosen Runde überzeugen. Foto: dpa

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Sport: Den Sprung geschafft

Springreiterin Janne Meyer hat sich im deutschen Nationalteam etabliert – dank ihres Mutes und ihres Pferdes Lambrasco

Es flitzt dahin. Das nur 1,60 Meter große Pferd hievt sich über Hindernisse, die höher sind als es selbst. Ist der Absprung nicht ideal, zieht es die Beine noch mehr an. Mit jedem Sprung ist zu sehen: Dieses Pferd will keinen Fehler machen. Und tatsächlich: Trotz eines risikohaften Ritts der Reiterin stehen am Ende null Fehler. Beim Herausreiten raunt Bundestrainer Otto Becker der Reiterin zu: „Alles anders als besprochen!“ Janne Meyer und ihr Lambrasco legen eine erste Nullrunde im Nationenpreis beim Chio Aachen hin. Typisch Janne Meyer. Mut hat sie, Mut hat auch ihr Pferd.

Die deutsche Mannschaft der Springreiter belegte mit Janne Meyer den zweiten Platz im Nationenpreis. Ein Platz im Nationalteam – das war lange Zeit undenkbar für die 30-jährige. „Was soll mir schon passieren, ins Team komme ich eh nicht“, sagte Janne Meyer noch 2008 dem Pferdefachmagazin „St. Georg“, als sie auf ihr Mundwerk angesprochen wurde. Janne Meyer war damals diejenige, die durch spektakuläre Stürze und den Gewinn der Riders-Tour-Etappe in Münster 2008 aufgefallen war. Unerfahren war sie schon damals nicht. Sie machte sich mit 19 Jahren selbstständig, eröffnete direkt nach dem Abitur einen Ausbildungsstall. Nun reitet sie sogar schon im zweiten Jahr im Nationalteam, in dem Otto Becker auf dem Bundestrainerposten Kurt Gravemeier abgelöst hat. „Es ist offener geworden, wenn man ein Jahr in Top-Form ist, kann man auch als Außenseiter mitreiten.“

Ein Außenseiter – das ist sie in gewisser Weise. „Ich bin ein Beispiel dafür, dass man sich auch als Nicht-Reitsportgröße etablieren kann. Ich komme aus keiner bekannten Reiterfamilie.“ Trotzdem steht ihr in Lambrasco ein Spitzenpferd zur Verfügung. „Er ist zwar recht klein, aber ich muss eben in den Distanzen schauen, dass die Galoppade groß genug wird.“ Die Abstände zwischen den Sprüngen, die Distanzen, sind genau abgemessen. Ist ein Pferd so klein wie ihres, passt der Abstand für seinen normalen Galoppsprung nicht. „Aachen ist schwer, alle bringen hier ihre besten Pferde mit, es geht um viel Geld“, sagt Janne Meyer. „Am Ende geht es mit anspruchvollster Technik über Höchstabmessungen.“

Die Frau aus Schleswig-Holstein hat zwar einige junge Pferde dabei, am heutigen Samstag startet sie im Youngsters-Finale. Lambrasco ist jedoch ihr einziges Spitzenpferd. Mit ihm ist sie am Sonntag im Großen Preis von Aachen dabei. Daheim im Stall stehen noch einige Hengste des Holsteiner Zuchtverbandes, ebenso Pferde aus der Zucht der Eltern. Die zählen vielleicht nicht zu den berühmten Reiterfamilien, aber im Hause Meyer war das Thema Pferd durchaus stets präsent.

Wie kommt man an ein Spitzenpferd wie Lambrasco? „Entweder jung kaufen und selbst ausbilden, oder man benötigt einen Top-Sponsor“, sagt Janne Meyer. Letzteres gilt für sie. „Für ein fertig ausgebildetes achtjähiges Pferd, von dem man weiß, dass es in Aachen starten kann, zahlt der Sponsor einen siebenstelligen Betrag.“ Solche Sponsoren hätten die wenigsten Reiter. Fällt der Name ihres Pferdes, dann korrigiert sie stets, dass es „Cellagon Lambrasco“ statt „Lambrasco“ hieße. Der Name des Geldgebers wird zum Pferdenamen. Ohne Sponsor keinen Sport.

Lambrasco habe sie bekommen, als dessen Reiter ausfiel. Seine Züchter sprachen sie an, weil sie das Pferd schon länger im Auge hatte. „Ich wusste, er ist gut. Aber zu diesem Zeitpunkt hätte auch ich nicht gedacht, dass er mal nach Aachen schaffen kann.“

Die Frau hat Nerven, im Parcours und in der Freizeit. Sie liebt Tiefseetauchen und besitzt den Pilotenschein. Erst vor zwei Wochen saß sie zuletzt im Cockpit. Wenn’s passt, verknüpft sie ihre Leidenschaften: Auf dem Turnier in Hagen am Teutoburger Wald flog sie mit einer Chesna über das Gelände.

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