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In den USA bekannt, in Deutschland ein Exot: Dennis Seidenberg von den Mannheimer Adlern.

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Dennis Seidenberg: Sehnsucht nach dem großen Eishockey

Dennis Seidenberg ist nach zehn Jahren zurück in Deutschland. Warum sich der Stanley-Cup-Gewinner in den USA am wohlsten fühlt und was jetzt bei den Adler Mannheim will.

Kürzlich war Dennis Seidenberg im Sportstudio zu Gast. Er musste sich vorkommen wie im falschen Fernsehen. Da wurde ein Zuschauer in eine Eishockeyausrüstung verpackt und stolperte durchs Studio: Dann wurde an Seidenberg und seine NHL-Kollegen Marcel Goc und Christian Ehrhoff ein Potpourri naiver Fragen ins Studio gerumpelt. Eishockey, die Exotensportart. In Boston, wo Dennis Seidenberg im Normalfall seinem Beruf nachgeht, ist das anders. Zwei Millionen Menschen waren im Frühjahr 2011 bei der Meisterfeier auf den Straßen der Ostküsten-Metropole, nachdem die Bruins den Stanley-Cup, die Trophäe der National Hockey-League (NHL) gewonnen hatten. Da kennen die Menschen den kräftigen Verteidiger aus Villingen. Und im Fernsehen wird der eher nach Taktik oder Defensivpartner gefragt als danach, wie er sich sein Suspensorium anzieht.

In Deutschland muss sich Dennis Seidenberg ein wenig wie am falschen Ort vorkommen. Obwohl er die Zeit des Arbeitskampfes in der NHL bei den Adler Mannheim verbringt, wo er früher schon gespielt hat. Positiv am „Lockout“ in der NHL sei, dass er bei den Adlern mit seinem jüngeren Bruder Yannic zusammenspielen könne. Der hat ihm kurz nach Ankunft im Oktober erst einmal die Stadt gezeigt. Dennis erkannte nicht mehr viel wieder. „Aber unseren Stamm-Italiener gibt es noch“, sagt er. Über ein Jahrzehnt hatte der inzwischen 31-Jährige nicht mehr in Deutschland gespielt. 2002 schaffte er den Sprung in den Kader der Philadelphia Flyers. 2006 in Phoenix bei den Coyotes, unter Trainer Wayne Gretzky, setzte er sich dann durch in der Liga.

Seidenberg ist ein kantiger Kerl, der die gegnerischen Stürmer ganz gut zur Seite räumen kann. Er ist sicher von seiner Vielseitigkeit her kein Ehrhoff und sagt sogar: „Der Christian ist besser als ich.“ Aber auch Seidenberg hat in seinem Spiel einige Möglichkeiten: Er ist für seine langen Aufbaupässe bekannt. Seine Statistik weist ihn auch als starken Torevorbereiter aus: in 15 Spielen in der Deutschen Eishockey-Liga (DEL) hat er erst einen Treffer, aber schon neun Vorlagen erzielt.

Über Mannheim sagt er: „Ich kann wenigstens Eishockey spielen und das macht hier auf jeden Fall Spaß.“ Da hätten es andere seiner Kollegen aus der NHL schwerer, „wenn sie nur trainieren können.“ Wenn es nach Seidenberg geht, müssen nicht mehr so viele Spiele in der DEL dazukommen. War er vor seiner Rückkehr auf Zeit schon dabei, die Muttersprache zu verlernen? So schlimm sei es nicht, sagt er. „Ein paar Vokabeln fehlen mir noch, aber es wird immer besser.“ Aber Nordamerika sei eben Lebensmittelpunkt. In Boston ist er ein Star. In Deutschland würde Eishockey nie so groß werden wie in Nordamerika. Nach seinem Stanley-Cup-Sieg habe er auf einen kleinen Boom gehofft. „Aber es ist natürlich schwer, wenn man sieht, wie es in Deutschland läuft. Da gibt es Fußball und dann lange nichts.“

Es gibt aber ein paar Spiele, die außerhalb des Dunstkreises der Fans zur Kenntnis genommen wurden. So etwa jener irre 6:5-Erfolg der Eisbären Berlin im April 2012 in Mannheim. Die Adler hatten in Finalspiel vier schon 5:2 geführt und sich dann überrennen lassen, die Berliner gewannen schließlich in Spiel fünf den Titel. Am Mittwoch nun kommen die Adler erstmals in dieser Saison nach Berlin (Beginn 19.30 Uhr, Arena am Ostbahnhof). Das erste Spiel in Mannheim haben sie 6:1 gewonnen – noch ohne Dennis Seidenberg und ohne Marcel Goc, dem zweiten deutschen NHL-Profi in ihrem Team.

Seidenberg und Kollegen brauchen sicher keine Motivationshilfe von ihrem Trainer Harold Kreis, der sein Starensemble in dieser Saison auf Kurs gebracht hat. Die Adler treten als Tabellenführer beim Tabellenvierten an, Dennis Seidenberg wird in dem Spiel sicher wieder die meiste Einsatzzeit bekommen, Trainer Kreis sagt über ihn: „Selbst wenn Dennis nicht so präsent ist, ist er immer noch präsenter als alle anderen Spieler.“

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