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Sport: Der andere Koturovic

Warum Alba Berlin es begrüßt, dass sich Jovo Stanojevic vom Vorgänger unterscheidet

Berlin. Der Neue spricht nach zweieinhalb Monaten bereits ein bisschen Deutsch. „Mannschaft“, kann Jovo Stanojevic sagen oder „zurück“ oder „Donnerstag“. Mit sehr großer Wahrscheinlichkeit spricht der Jugoslawe damit mindestens drei deutsche Worte mehr als Dejan Koturovic, sein Vorgänger auf der Centerposition bei Alba Berlin. Der 2,08 Meter – mit Basketballschuhen 2,09 Meter – große Centerspieler möchte in den nächsten Monaten einen Deutschkurs belegen. Koturovic hat das nie gemacht. Stanojevic ist interessierter und zuverlässiger als sein jugoslawischer Landsmann. Eskapaden wie Koturovics eigenwillig verlängerter Heimaturlaub sind vom neuen Mann unter den Körben nicht zu erwarten. „Ich will nicht sagen, er ist mental besser als Koturovic“, sagt Trainer Emir Mutapcic. Aber eigentlich will er genau das sagen.

Nur auf dem Basketballfeld dominiert Stanojevic noch nicht wie sein Vorgänger. Das gilt vor allem für die Euroleague. Dort kam der 25-Jährige in den ersten beiden Spielen dieser Saison auf durchschnittlich 10,5 Punkte und fünf Rebounds. In der vergangenen Saison bei Partizan Belgrad waren es noch 16,4 Punkte und 8,1 Rebounds. Stanojevics Problem bei den Niederlagen gegen Istanbul (63:84) und Bologna (88:78) war, dass er jeweils zu früh Fouls kassierte, und der Mannschaft nicht mehr wie gewohnt helfen konnte. Das soll heute gegen Benetton Treviso (20 Uhr, Max-Schmeling–Halle) nicht mehr passieren. Auf Videokassetten musste sich Stanojevic seine Fouls noch einmal ansehen. Er schob die Pfiffe auf die Schiedsrichter, doch Mutapcic sah auch eine Teilschuld bei ihm. „Wenn er in der Verteidigung mit den Füßen zu langsam ist, kompensiert er das mit den Händen.“ Gegen Trevisos Centerspieler Denis Marconato soll Stanojevic nun die Hände möglichst weg lassen in der Verteidigung.

Den schlechten Start in der Europaliga begründet der Basketballer mit der späten Ankunft der fünf Berliner Nationalspieler. „Wir mussten uns erst richtig kennenlernen.“ Jetzt aber sei dieser Prozess abgeschlossen. „Es wird ein hartes Spiel“, sagt Stanojevic, „aber wenn wir gewinnen, sieht die Europaliga für uns wieder ganz anders.“

Für Alba Berlin ist Jovo Stanojevic der Mann der Zukunft. Im Sommer hat er einen Zweijahresvertrag unterschrieben, Alba besitzt eine Option auf ein weiterers Jahr. „Mit 25 Jahre ist er für einen Centerspieler noch nicht sehr alt“, sagt Mutapcic. Der Trainer sieht den Jugoslawen immer noch als Talent, mit dem man individuell viel trainieren muss. Stanojevic kennt diese Art des Trainings aus Belgrad. „Alba Berlin ist ein jugoslawischer Klub“, sagt er, „das war auch ein Grund, hierher zu gehen.“ Die Berliner genießen als ehemaliger Klub des jugoslawischen Nationaltrainers Svetislav Pesic einen guten Ruf im Lande des Basketball-Weltmeisters.

Ein Rückschlag für Stanojevic war, dass er von Svetislav Pesic nicht vor der WM für den Nationalmannschaftskader nominiert wurde, obwohl ihn die jugoslawischen Fachjournalisten zum besten Spieler der einheimischen Liga gekürt hatten. „Weil Vlade Divac im Nationalteam gespielt hat“, erklärt Mutapcic, „außerdem ist die Konkurrenz in Jugoslawien sehr groß.“ Bei Alba möchte Stanojevic nun den Sprung ins Nationalteam schaffen. Immerhin ist das Dejan Koturovic auch gelungen.

Ein Führungsspieler aber, wie ihn sich Alba Berlin wünscht, ist Stanojevic noch nicht. „Er muss mehr Temperament zeigen“, sagt Mutapcic, „ich habe mit ihm schon darüber gesprochen.“ Manchmal wirkt der Centerspieler zu brav. So unspektakulär wie sein Stil. „Er kann den Ball nicht blocken wie Koturovic“, sagt der Trainer, „aber er ist im Angriff vielseitiger“ Er macht seine Körbe auf eine solide, clevere Art. „In Trier hat er 27 Punkte gemacht, und keiner hat es gesehen“, sagt Mutapcic.

Solide ist auch sein Lebensstil. Seit einigen Jahren ist er mit seiner Freundin zusammen; sie zog bereits in die gemeinsame Wohnung in Tiergarten nach. Im November wollen beide in Berlin heiraten. Von der Stadt sah er bislang nur den Zoologischen Garten. „Ich bin ein großer Tierfreund“, erklärt Stanojevic. Zwei Aquarien besaß er in Belgrad – mit Piranhas. Stanojevic sagt: „Im November hole ich meine drei Hunde nach.“ Mindestens was seine Haustiere betrifft, hat er sich mit der Hundestadt Berlin den richtigen Ort ausgesucht.

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