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Sport: Der Authentische

Als Spieler verschleuderte Armin Veh sein Talent – jetzt ist er als Trainer beim VfB Stuttgart geachtet

Damals am Bökelberg wunderte sich Trainer Jupp Heynckes über das Interesse des jungen Armin Veh, das weit über das normale Maß hinausging. Nicht, dass Veh sich als Trainingsweltmeister erwiesen hätte, im Gegenteil, er hätte viel mehr aus seiner Karriere machen können. Von 1979 bis 1985 stand Veh als Spieler bei den Borussen unter Vertrag und fragte Heynckes regelmäßig nach dessen Methoden als Trainer aus. „Das hat mich immer interessiert“, erzählt Veh. Fast mehr als die Karriere als Profi, sagen manche, da galt er als „schlampiges Genie“. Damals beeindruckte ihn die Gladbacher Schule, die mit ihrem offensiven Fußball. Er war gerade mal 29 Jahre alt, als er Trainer wurde. „Ich war früh mehr mit den Gedanken beim Trainer als beim Spieler. Mit 20 hab ich Aufzeichnungen gemacht und mich damit beschäftigt, wie ich als Trainer spielen lassen würde. Ich habe sogar den Aufbau von Trainingseinheiten aufgezeichnet“, sagt Veh. Nun kann er seine Trainerkarriere womöglich vorzeitig krönen und den VfB Stuttgart zum Meister machen.

1997 ging alles los für den Trainer Veh, der sagt: „Ich denke mehr Chancen ergeben am Ende mehr Tore. Das hab’ ich immer so gemacht“. Zuerst tat er das in Fürth, in Reutlingen, in Rostock und in Augsburg. „Ich war 16 Jahre lang Trainer. Wenn du aber aus der Bundesliga raus bist, nimmt dich keiner wahr. Als ich nach Stuttgart kam, musste ich was beweisen.“ Veh, der zweimal in die Zweite Liga mit Fürth und Reutlingen aufgestiegen war, war ein Nobody, als ihn die Stuttgarter im Februar 2006 holten. Einer, dem kein rundum guter Ruf vorauseilte.

Im Oktober 2003 verließ Veh, obwohl er einen gültigen Vertrag hatte, Hansa Rostock. „Ein schwerer Fehler“, sagt er heute. Er kann die Gedanken und Gefühle von damals nicht wieder hervorkramen, oder er will es nicht mehr. „Du steckst in einer Schublade, weil du aufgehört hast. Vielleicht war ich damals zu ungeduldig und hatte die Furcht, keine Perspektive außer Abstiegskampf zu haben.“

Heute ist Veh 46 Jahre alt, kein Niemand mehr, aber immer noch zutiefst abergläubisch. Er kann mit dem VfB noch Meister werden, steht im DFB-Pokalfinale gegen Nürnberg und trägt immer den gleichen mausgrauen Anzug, an dessen magische Kräfte er glaubt. Die Stuttgarter spielen heute wie damals die Gladbacher Borussen. Schwungvoll nach vorne. Der ehemalige Bundestrainer Berti Vogts hat Armin Veh „Trainer des Jahres“ genannt. „Du musst ruhig arbeiten und eine Linie haben“, sagt Veh. Werder Bremen und dessen Trainer Thomas Schaaf imponiere ihm, gerade wegen der ruhigen Art. „Von denen“, meint Veh, „da hörst du nix.“

Sonst sitzt Veh oft neben Manager Horst Heldt bei Pressekonferenzen oder bei seinem Lieblingsitaliener im Stuttgarter Osten und scherzt. Wie Komödianten führen sich die beiden manchmal auf. Und Heldt sagt: „Ich wäre gerne Spieler bei Armin.“ Es gibt klare Ansagen, keine Effekthascherei. Es gibt einen Coach, der authentisch bleibt.

Zusammen mit Heldt hat sich Veh eine neue Mannschaft zusammenkaufen dürfen. „Wir wussten, was wir wollen. Und, es ging nicht darum, einen neuen Jugendkult zu veranstalten. Wir wollten Erfolg“, sagt Veh. Er achtete darauf, Gerechtigkeit walten zu lassen. Wer ordentlich trainierte, spielte auch. Wie das Beispiel Thomas Hitzlsperger zeigt. Den nannte Veh einen „Ochsen“, der lieber trainieren solle anstatt zu sprechen. Damit war die Kritik des Nationalspielers wegen mangelnder Einsatzzeiten vergessen. Hitzlsperger kämpfte sich zurück ins Team. „Armin Veh ist ein glaubhafter Trainer“, sagt Markus Babbel, der seine aktive Karriere im Sommer beendet und in den VfB-Trainerstab wechselt.

Mit stoischer Ruhe ertrug Veh manche Schmähung in seinen Anfangszeiten, etwa die des Klub-Präsidenten Erwin Staudt, nur eine „Übergangslösung“ zu sein. Geschickt hielt er von seiner jungen Mannschaft jeden Druck fern. „Ich will Titel holen. Wenn das nicht klappt, geht die Welt auch nicht unter.“ Damals in Gladbach, sagt Veh, „da war ich als Persönlichkeit unfertig. Ich habe mit Lothar Matthäus zusammengespielt und war fußballerisch ein Stück besser. Der Lothar aber wusste früh, was er wollte. Im Gegensatz zu mir.“ Jetzt weiß Armin Veh es.

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