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Sport: Der Bayern-Trainer über Herthas Shootingstar, Helmer, die Champions League und seine Gesundheit

Ottmar Hitzfeld (50) ist seit dem 01. Juli 1998 Cheftrainer beim FC Bayern München.

Ottmar Hitzfeld (50) ist seit dem 01. Juli 1998 Cheftrainer beim FC Bayern München. In der vergangenen Saison gewann er mit der Mannschaft die Deutsche Meisterschaft und erreichte das Finale der Champions League, in dem die Münchner mit 1:2 Manchester United unterlagen. Unser Mitarbeiter Andreas Kötter sprach vor dem Spiel der Bayern gegen Hertha BSC mit Hitzfeld.

Herr Hitzfeld, am Ende Ihrer Trainertätigkeit in Dortmund wirkten Sie angeschlagen. Ähnliche Anzeichen will manch einer auch jetzt wieder in Ihrem Gesicht erkennen.

Ich war damals nicht wirklich gesundheitlich angegriffen, allerdings hatte der Stress in meinem Gesicht einige Spuren hinterlassen. Ich hatte abgenommen, und das macht sich bei mir immer zuerst im Gesicht bemerkbar.

Nicht wenige sehen in dem verlorenen Finale von Barcelona die Ursache für den fehlenden Erfolg in dieser Saison. Haben Sie persönlich Barcelona abgehakt?

Ich habe das ganz gut verarbeitet. Vor zwei Wochen auf einer Tagung der Spitzentrainer aus der Champions League wurden noch mal die letzen drei Minuten des Finales gezeigt . . .

und was haben Sie dabei empfunden?

Dass man dabei war. Man muss das auch positiv sehen. Dieses Spiel ist einzigartig in der Fußball-Historie, und wir waren dabei. Es bringt schließlich auch nichts, jetzt noch mit dem Schicksal zu hadern.

Sie haben gesagt, dass Sie an das Gute im Menschen glauben. Sind Sie schon einmal von einem Ihrer Spieler zutiefst enttäuscht worden?

Ich bin seit 1983 Trainer, und natürlich habe ich in dieser langen Zeit viel Kraft investiert. Da ist es nur normal, dass man auch mal enttäuscht wird. Das Positive überwiegt aber bei weitem.

Auch im Fall Thomas Helmer, der sich nach der Finalniederlage von Barcelona despektierlich Ihnen gegenüber gezeigt hat?

Das ist schwer zu sagen, ich habe mich damit nicht mehr beschäftigt. Vielleicht muss man den Frust von Thomas einfach verstehen, musste er doch verarbeiten, dass er beim FC Bayern nicht mehr gebraucht wurde. Akzeptieren allerdings kann ich seine Reaktion nicht, weil ich gegenüber einem Vorgesetzten niemals so reagiert hätte. Immerhin hat man als erfahrener Spieler auch eine Vorbildfunktion für die Jüngeren.

Ein weiteres Personal-Problem wartet bereits auf Sie, wenn Matthäus im Winter nach New York geht. Bevorzugen Sie eine interne Lösung?

Nein, wir bemühen uns um einen neuen Spieler. Würden wir eine interne Lösung bevorzugen, dann würde das eine Schwächung bedeuten, weil wir schließlich in der Summe einen herausragenden Spieler weniger hätten. Wir wissen aber auch, dass es im Augenblick schwierig sein wird, jemanden zu finden, der uns tatsächlich verstärkt. Ganz davon abzusehen, dass ein Lothar Matthäus auch mit 38 Jahren noch nicht hundertprozentig zu ersetzen ist.

Thema Champions League. Ihr Vizepräsident Karl-Heinz Rummenigge glaubt nicht an eine zusätzliche Belastung. Pflichten Sie ihm bei?

Das ist relativ schwer zu beurteilen, weil wir eine Menge Schwierigkeiten mit Verletzungen von Leistungsträgern schon vor dem Start in die laufende Saison hatten. Jetzt kehren diese Spieler allmählich zurück, werden aber ohne Vorbereitungszeit gleich ins kalte Wasser geworfen. Erst im Dezember, wenn wir etwa 30 Spiele hinter uns haben werden, wird man in der Lage sein, ein erstes Fazit zu ziehen. Grundsätzlich glaube ich allerdings, dass der Modus, jede Woche spielen zu müssen, deshalb nicht ideal ist, weil so die Bundesliga an Bedeutung verliert. Es wäre daher meiner Ansicht nach sinnvoller, wenn nur alle 14 Tage gespielt werden würde.

Die reformierte Champions League steht auch deshalb in der Kritik, weil die Idee einer europäischen Elite stark verwässert wurde.

Es ist zu bedauern, dass der augenblickliche Modus dafür gesorgt hat, dass die Meister einiger Länder, wie etwa der Schweiz oder Belgien, nicht dabei sind, weil sie eine Qualifikation spielen mussten, in der beispielsweise Servette Genf gescheitert ist. Dort, in der Schweiz oder in Belgien, muss man nun ein ganzes Jahr auf europäischen Spitzenfußball warten, was auch dem Jugendbereich abträglich sein kann. Schließlich spornt es an, wenn die jungen Spieler ihre nationalen Vorbilder etwa gegen Real Madrid oder Manchester spielen sehen. Zugunsten dieser Länder wären nur zwei oder drei Teams aus den starken Nationen wie Italien oder Deutschland genug gewesen.

Wie gelingt es Ihnen, Ihre Spieler nach einem Highlight gegen eine europäische Spitzenmannschaft wieder für den Bundesliga-Alltag zu motivieren?

Die Bundesliga ist unser tägliches Brot, dafür und davon leben wir. In ganz Europa sind die nationalen Meisterschaften nach wie vor von großer Bedeutung. Nehmen Sie etwa Spanien. Dort musste Jupp Heynckes Madrid verlassen, obwohl er Champions-League-Sieger wurde, während sein Kollege van Gaal in Barcelona bleiben durfte, obwohl er bereits in der Vorrunde ausschied. Denn van Gaal wurde Meister in Spanien. Das sagt eigentlich alles über die Bedeutung der nationalen Ligen. Wer also die Bedeutung der Bundesliga nicht versteht, der hat seinen Beruf verfehlt.

Was ist für Sie persönlich wichtiger: die nationale Meisterschaft oder die europäische?

Als FC Bayern München muss man überall erfolgreich sein.

In der Bundesliga sieht es momentan nach mangelnder Konzentration aus.

Leverkusen und Dortmund haben sehr viel Selbstvertrauen entwickelt; der HSV ist ausgeruht, kann sich ganz auf die Bundesliga konzentrieren. Wir müssen also aufpassen, dass wir nicht den Anschluß verlieren, denn ohne Frage haben wir bis jetzt eine schwache Bundesliga-Bilanz.

Nun treffen Sie auf die Hertha mit dem Shootingstar Sebastian Deisler, den Sie gerne auch zum FC Bayern geholt hätten. Können Sie verstehen. dass Deisler lieber nach Berlin gegangen ist?

Aus seiner Sicht ist das nur verständlich, weil sich Deisler bei der Hertha größere Chancen auf einen Stammplatz ausrechnen konnte. Wahrscheinlich wäre er wegen der zwischenzeitlichen Personalnot auch bei uns schon Stammspieler geworden, aber das ließ nicht voraussehen.

Herr Hitzfeld[am Ende Ihrer Trainertätigkeit]

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