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Sport: Der Beste muss gehen

Das Team Alinghi trennt sich von Skipper Coutts

Der Sturm hatte sich am Horizont angekündigt, nun hat er das Traumpaar der internationalen Segelszene getrennt. Das Schweizer Alinghi-Team von Ernesto Bertarelli feuerte am Montag seinen Skipper Russell Coutts. Alinghi sei keine andere Wahl geblieben, heißt es in der Erklärung – auf Grund wiederholter Vertragsverletzungen durch Coutts.

Damit hat Coutts auch keinen Anspruch auf eine millionenschwere Abfindung. Er soll sich geweigert haben, bei Regatten in Schweden, Portugal und Italien zu segeln. Noch beim letzten großen Schaulaufen des Titelträgers in den USA gegen das amerikanische Team „BMW Oracle Racing“ hatte Coutts nicht am Steuer gestanden. Stattdessen hatten Peter Holmberg (Virgin Islands) und Jochen Schümann (Penzberg) die Yacht „SUI-64“ gesegelt – nicht besonders gut, denn die Schweizer unterlagen 6:16. Zudem hatte sich Coutts an den Plänen eines weiteren großen Segel-Events im arabischen Raum beteiligt. Alinghi legte ihm das nun als Interessenkonflikt aus.

Ohne den 42-jährigen Neuseeländer hätte das Team des Pharma-Milliardärs Ernesto Bertarelli die weltbekannte Segeltrophäe 2003 niemals nach Europa geholt. Erst im Mai 2000 war Coutts zu den Schweizern gestoßen, zuvor hatte er bereits zweimal den America’s Cup mit Neuseeland gewonnen. In seinem Heimatland galt er seit dem Wechsel als Landesverräter. In den vergangenen Monaten war Coutts jedoch auf Distanz zu seinem Arbeitgeber Alinghi gegangen. Anfang Juli hatte er mehrmals erklärt, er sei nicht mehr im Team.

Nach seiner Entlassung sagte Coutts, er sei unzufrieden mit dem Management gewesen und hätte das wiederholt geäußert. Über die plötzliche Entlassung, die ihm per Telefon von Bertarellis Anwälten übermittelt wurde, sei er allerdings überrascht gewesen. „Wir haben seit einiger Zeit darüber nachgedacht, wie wir die Probleme lösen können, und ich dachte, dieser Prozess liefe noch“, erklärte Coutts. Bertarelli lehnte jegliche Stellungnahme ab. Es gab wohl seit einem Jahr einen internen Machtkampf mit dem Direktor des America’s-Cup-Mangements Michel Bonnefous, weil Coutts am neuen Gesicht des Cups mehr mitbestimmen wollte, als ihm zugestanden wurde. „Die Rolle, die Ernesto mir zugestand und auf der er beharrte, unterschied sich vehement von der, die wir nach dem Gewinn des America’s Cups besprochen hatten“, erklärte der Skipper. Coutts war außerdem gegen die Entscheidung Alinghis gewesen, die Titelverteidigung 2007 im spanischen Valencia auszutragen.

Den größten Vorteil von Coutts’ Entlassung werden die Herausforderer-Teams für 2007 haben. Manche hatten bereits befürchtet, der Cup würde wegen Alinghis Übermacht nicht besonders spannend werden. Nun ist das Spiel wieder offen. Der Direktor des aktuellen Teams Neuseeland, Grant Dalton, erklärte bereits, dass Coutts’ Kündigung für seine Arbeit „komplett irrelevant“ sei. Er verzichtete darauf zu kommentieren, ob er sich nun mit Coutts, der mit seiner Familie in der Schweiz lebt, in Verbindung setzen wolle.

Coutts – das hat er mehrmals bewiesen – kann ein Rennen allein entscheiden. Mit Holmberg hat das Team Alinghi zwar immer noch einen erfahrenen Skipper, auch Jochen Schümann, der deutsche Sportdirektor, wird nun wohl häufiger steuern – doch ein Ersatz für einen Mann, der nicht zu ersetzen ist, ist das nicht.

Ingo Petz

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