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Sport: Der düpierte Direktor

Wie Matthias Sammer im Machtgefüge des DFB zurückgesetzt wird

Berlin - Am Dienstagabend war Matthias Sammer schon wieder in Genua. Der rastlose Sportdirektor des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) erlebte Werder Bremen beim Kampf um die Qualifikation für Europas höchste Spielklasse begleiten, der Bezahlsender Sky hatte Sammer wie üblich als Fernsehexperten gebucht. Wenn man böse wäre, könnte man allerdings sagen: Sammer ist inzwischen eher ein Experte für Niederlagen. In seinem Hauptjob muss er um seine Qualifikation bangen. Als Sportdirektor des DFB kann sich der 42-Jährige derzeit nur noch fühlen, wenn er seine Visitenkarten aushändigt.

Am Montag hatte Sammer einen deutlichen Dämpfer im internen Machtgefüge hinnehmen müssen. Rainer Adrion, Trainer der in der EM-Qualifikation kläglich gescheiterten U-21-Nachwuchsmannschaft, bleibt gegen Sammers Wunsch im Amt. Bundestrainer Löw rettete seinem Vertrauten Adrion in einem Spitzengespräch mit DFB-Präsident Theo Zwanziger und Sammer den Job. Sammer wollte sich auch am Dienstag auf Nachfrage nicht zu dem Vorgang äußern. Das Schweigen des sonst so redseligen Mannes sagt aber schon genug.

Vor vier Jahren noch war Sammer von der DFB-Spitze als Bundestrainer im Wartestand installiert worden. Der damalige Teamchef Jürgen Klinsmann und sein Assistent Löw versuchten die Personalie zu verhindern – vergeblich. Nun aber hat Zwanziger klargestellt, „dass Joachim Löw den U-21-Trainer benennen kann“. Damit sind nun für jeden die Grenzen des Sportdirektors sichtbar, der doch eigentlich für die ganze Nachwuchsarbeit des DFB zuständig sein soll. In entscheidenden Fragen bei der entscheidenden Nachwuchsmannschaft hat aber Sammer gar nicht die Richtlinienkompetenz, sondern Löw. Dass sich Sammer zuletzt mehr administrative Aufgaben beim U-21-Team hat zusichern lassen, nützt ihm nicht viel. Adrion, der zu Löws schwäbisch-badischem Netzwerk gehört, darf Trainer bleiben – obwohl Sammer schon im Sommer vorigen Jahres lieber Heiko Herrlich an dessen Position gesehen hätte und obwohl Adrion mit der Mannschaft des amtierenden U-21-Europameisters die Teilnahme an der EM 2011 und an Olympia 2012 verspielt hat. Für Löw, der bei U-21-Spielen meist zeitgleich die Nationalmannschaft betreut, wiegt das Scheitern nicht so schwer. Der Bundestrainer hat schließlich sieben U-21-Europameister in seinen WM-Kader geholt. Wie viele Fans kann sich Löw nicht mehr vorstellen, dass Mesut Özil, Thomas Müller oder Toni Kroos lediglich für den deutschen Nachwuchs auflaufen.

Bei seinem Amtsantritt vor vier Jahren hatte sich der ehrgeizige Sammer noch große Ziele gesteckt. Als Schlüssel für den nachhaltigen Erfolg der Nationalmannschaft benannte er damals „ein einheitliches Spielsystem in den Jugendauswahlteams“, möglichst bestimmt von ihm. Nun aber ist Sammer an der Schnittstelle zwischen Nachwuchs und Nationalmannschaft abhängig von Löw. Sammer, dessen Vertrag noch ein Jahr gilt, hat schon mehrmals Angebote abgelehnt, als Bundesligatrainer zu arbeiten. Bei der nächsten Anfrage ist nun nicht mehr ausgeschlossen, dass er seine Visitenkarten wechselt.

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