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Sport: Der Ersatzmann

Von Martin Hägele Seoul. Die große Stunde des Issa Hayatou rückt näher.

Von Martin Hägele

Seoul. Die große Stunde des Issa Hayatou rückt näher. Am Mittwoch will er in Seoul den Schweizer Sepp Blatter als Präsident des Weltfußballverbandes (Fifa) beerben, und dafür hat der Kameruner als Kombattanten drei Vizepräsidenten versammelt: den Schweden Lennart Johansson , den Italiener Antonio Matarese, und mit dem Koreaner Chung Mong Joon hat er auch noch den Gastgeber für den Kongress und das halbe WM-Turnier mitgebracht. Fast noch mehr aber wiegt der offene Brief, den David H. Will, ein vierter im Rang eines Fifa-Vizechefs, den Kollegen mitgegeben hat.

Der Schotte beruft sich darin auf die Expertise einer international reputierten Buchprüferfirma, in welcher dem Weltverband der Gang zum Konkursrichter prophezeit wird. Beim außerordentlichen Kongress wird Will, dessen Fifa-interne Prüfungskommission von Chef Blatter Ende März suspendiert worden war, dem Kongress heute empfehlen, den Präsidenten nicht für die abgelaufene Amtsperiode zu entlasten.

Ein solcher Misstrauensantrag der Vollversammlung wäre in der Tat die große Chance des Mannes aus Kamerun; seine einzige allerdings. Seit er vor drei Monaten den Kampf gegen Blatter aufnahm, hat der Boss der afrikanischen Konföderation international nicht besonders gepunktet. Sein Konzept mit den Lieblingsworten Transparenz, Kontrolle und Demokratie hat er aus dem Wahlprogramm Johanssons übernommen – der damit vor vier Jahren gegen Blatters gepflegtes Beziehungsgeflecht gescheitert ist.

Wer die Fifa genauer betrachtet, bekommt sehr schnell den Eindruck, dass sich der weltgrößte Fachverband gegen eine exakte Einsicht in seine Besitz- und Machtverhältnisse wehrt. Diesen Führungsstil hat der Walliser Blatter von seinem Vorgänger, dem Brasilianer Joao Havelange übernommen. „Obwohl er nicht dessen Charisma und schon gar nicht den finanziellen Verstand Havelanges besitzt“, sagt der Italiener Matarese. Blatter habe die Fifa zu seiner eigenen Firma gemacht, behauptet Chung. „Wir aber brauchen einen Spielführer, der nach den Regeln spielt." Wenn ausgerechnet der Eleve des Hyundai-Imperiums auf einmal den Saubermann spielen will, dann muss fast alles faul sein in der Familie Fifa.

Schließlich gilt gerade Chungs Karriere als Paradebeispiel dafür, wie schnell und wie hoch man in der Sportpolitik fliegen kann, wenn einer seine Wähler nur gut schmiert. Dass der einflussreichste Sportführer Asiens den Kronzeugen der Anklage, Fifa-Generalsekretär Michel Zen-Ruffinen, als „wahren Gentleman“ heraushebt, hilft bei der Wahrheitsfindung ebenso wenig wie die Frage an Hayatou, warum der vier Jahre geschwiegen hat zu den Vorgängen jener Nacht von Paris. Damals, vor Blatters Wahl zum Fifa-Chef, waren Hayatous afrikanische Brüder der Reihe nach zu Blatter übergelaufen.Dem Vernehmen nach, weil sie von einer Sondereinheit mit Schecks umgedreht worden sind. Damals hätte sich die um Moral bemühte Fußballwelt einen Issa Hayatou gewünscht, der mit den Dunkelmännern seiner Konföderation abrechnet und aufräumt. Dass nun mit einem Führer aus Kamerun Vernunft, Fairplay und korrektes Finanzgebaren Einzug halten könnten, darf bezweifelt werden. Längst hängt Hayatou an den Strippen anderer. Seit Johanssons Wahl-Niederlage hat die Uefa in den eigenen Reihen keinen geeigneten Kandidaten mehr gefunden, der es mit Blatter aufnehmen kann; so wurde Hayatou gewissermaßen als Ersatzmann positioniert.

Diese Rolle, den Handlanger der Europäer zu spielen, nehmen ihm mittlerweile viele seiner afrikanischen Landsleute krumm. Er verkörpert nicht ihren Kontinent. Obwohl er den Titel „Yerima“ (Prinz) trägt, lebt er entweder in Kairo, dem Amtssitz des Verbandes (CAF), vorwiegend aber in Paris.

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