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Sport: Der Ersatzspielmacher

Andreas Neuendorf ist Herthas Mann für besondere Sachen

Berlin. Hertha geht am Stock. Und anscheinend weiß keiner, wie es weitergeht. Nach der Aufregung rund um den Beinbruch von Spielmacher Marcelinho konnte man den Eindruck gewinnen, dass Berlins Fußball-Bundesligist nur aus dem quirligen Brasilianer besteht und es deshalb an der Zeit ist, den Notstand auszurufen. Auch wenn dessen fußballerische Fähigkeiten außerhalb jeden Zweifels stehen, die Mannschaft wird Ersatz finden.

„Die Verantwortung muss auf mehrere Schultern verteilt werden, einen Spieler seiner Qualität haben wir nicht“, sagte Trainer Huub Stevens. Herthas Vereinsmanager Dieter Hoeneß brachte auch schon Namen ins Spiel: „Bart Goor, Niko Kovac, Pal Dardai oder auch Zecke Neuendorf müssen die Lücke schließen.“

Zecke Neuendorf heißt eigentlich Andreas und kommt für die vakante Position am ehesten in Frage. Er gilt bei Hertha als eine Art Allzweckwaffe. Bis auf die Position des Torwarts hat der 28-Jährige mit dem starken linken Fuß alles gespielt. Er war es auch, der schon einmal den Beweis angetreten hat, dass er einen wichtigen Spieler gleichwertig vertreten kann. Das war im Februar 1999. Herthas Kapitän und Libero, der Norweger Kjetil Rekdal, hatte sich den dritten Wadenbeinbruch zugezogen. Trainer Jürgen Röber vertraute dem damals 24-jährigen Neuendorf diese Rolle an. Mit Erfolg. Hertha stand stabil, wurde Meisterschaftsdritter und spielte wenige Monate später in der Champions League. Jupp Heynckes, der ein Jahr zuvor mit Real Madrid als Trainer die Champions League gewonnen hatte, zeigte sich beeindruckt von Neuendorf. „Mir gefiel, dass er Mut hat und die Initiative ergreift. In Stresssituationen muss er noch abgeklärter werden, große Spieler haben keine Hektik.“ Und Röber sagte damals über seinen Ersatzlibero Neuendorf: „Er ist ein echter Straßenfußballer, der besondere Sachen machen kann.“

Genau das ist jetzt wieder gefragt – die besonderen Sachen. Wenn einer im Kader von Hertha BSC über Spielmacherqualitäten verfügt, dann ist es Andreas Neuendorf. Die eingangs genannten anderen Spieler kommen aus unterschiedlichen Gründen dafür nicht in Frage. Bart Goor beispielsweise durchläuft seit Monaten eine Formkrise. Pal Dardai und Niko Kovac taugen schon deshalb nicht für diese Rolle, weil sie nur bedingt über die dafür nötige Kreativität verfügen. Sie besitzen andere Stärken. Die Position hinter den Stürmern erfordert ein hohes Maß an Spielverständnis, gedankliche Spritzigkeit, Ballgewandtheit und Schusstechnik. Neuendorf hat von all dem etwas. Er kann Angriffszüge kreieren, kann die jeweilige Spielsituation schnell erfassen, kann einen überraschenden Pass spielen und selbst auch gefährlich aufs Tor schießen. In einem Punkt ist er dem brasilianischen Patienten sogar überlegen: Neuendorf ist weitaus zweikampfhärter.

„Keine Mannschaft gewinnt heute mehr Spiele mit der ersten Elf“, sagt Neuendorf, der sich bisher immer über Umwege einen Platz in der Mannschaft erkämpfen musste. „Ich bin der beste zwölfte Mann.“ Hertha hatte sich mit Spielern wie Stefan Beinlich und eben Marcelinho verstärkt, Neuendorf musste zwischendurch noch ein Vertragsjahr bei Bayer Leverkusen absitzen. Schließlich warfen ihn immer wieder Verletzungen zurück. Jetzt ist er in guter körperlicher Verfassung. Bei einem Test vor wenigen Tagen bei Tasmania Gropiusstadt hatte ihn Trainer Stevens auf der zentralen Position im Mittelfeld als möglichen Marcelinho-Ersatz getestet. Neuendorf bestand den Test.

Manager Hoeneß hat ausgeschlossen, einen Ersatz für Marcelinho zu kaufen. Andreas Neuendorf wird das verstehen.

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