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Sport: Der Fall Cottrell J. Hunter: Wenn sich Ehemänner dopen

Es geht hier mitunter recht absurd zu. Am Montagmittag lud das amerikanische Olympiakomitee zur Pressekonferenz.

Es geht hier mitunter recht absurd zu. Am Montagmittag lud das amerikanische Olympiakomitee zur Pressekonferenz. Und weil am frühen Morgen bekannt geworden war, dass der Kugelstoßer Cottrell J. Hunter beim Dopen erwischt worden ist, und weil dieser der Ehemann des Sprintstars Marion Jones ist, folgten der Einladung etwa tausend Journalisten. Es betrat dann nicht der 150 Kilogramm schwere Hunter das Podium, sondern eine ziemlich dünne Frau, und die verlas vom Blatt den Satz, dass es einen Dopingfall gebe im US-Leichtathletikverband. Dann ging sie wieder, und die etwa tausend Journalisten gingen auch.

Überraschend war diese schweigsame Haltung im Grunde genommen nicht. Sie folgt der offiziellen Lesart, die Istvan Gyulai, der Generalsekretär des Leichtathletik-Weltverbandes IAAF, schon in der Früh ausgegeben hatte: "Wir sagen nicht, er ist schuldig. Wir wollen nicht, dass dies die große Geschichte der Spiele wird." Zu spät. Der Fall des Weltmeisters C. J. Hunter, der am 28. Juli in Oslo mit einem Nandrolon-Wert in tausendfacher Höhe des Erlaubten erwischt worden war und am 11. September seine Teilnahme an den Olympischen Spielen wegen einer Knieverletzung abgesagt hatte, ist bereits eine der großen Geschichten der Spiele - und längst ein Fall Marion Jones.

"Marion - Braucht sie das?", titelte der "Sydney Morning Herald" doppeldeutig. Marion Jones hatte Großes geplant. Am Sonnabend gewann sie die 100 Meter, weiteres Gold soll folgen: über 200 Meter, im Weitsprung, in der 4 x 100-Meter- und der 4 x 400-Meter-Staffel. Da kommen die Verdächtigungen gegen ihren Mann höchst ungelegen. Andererseits: Benutzt sie vielleicht selbst diese illegalen Schnellmacher? Die Sache verhält sich ein wenig wie bei der irischen Schwimmerin Michelle Smith. Die hatte Erik de Bruin, einen des Dopings überführten Läufer, geheiratet. Und weil die bis dahin nicht einmal mittelmäßige Schwimmerin plötzlich Weltrekorde schwamm, wurde sie sozusagen unter Sippen-Verdächtigung gestellt. Ein Verdacht, der sich dann allerdings auch bald bestätigte.

Und Marion Jones? Die ist 25 Jahre alt und läuft seit etwas mehr als drei Jahren unter professionellen Verhältnissen um die Wette. Auf Anhieb wurde sie 1997 Weltmeisterin über 100 Meter. Das Ehepaar Hunter/Jones ist nicht besonders gut beleumundet, weiß aber bei Skepsis wichtige, gewichtige Argumente vorzubringen. Das erfuhr, während einer Pressekonferenz anlässlich der Weltmeisterschaft 1999, ein Journalist. Der hatte die Frage nach dem Erfolgsrezept der schnellen Frau gestellt. "Hey, was soll das", schrie der Gemahl, und der Journalist sah sich umstellt von guten Freunden des Ehepaars, keiner wog weniger als 130 Kilo.

Dass es nun einen US-Athleten traf und eine US-Athletin in Verdacht gerät, ist nicht überraschend. Auch wenn sich die Amerikaner in Sydney gerne als Vertreter der reinen Sportlehre gebärden und ihr Schwimmtrainer Richard Quick noch vor wenigen Tagen nahezu die ganze Welt mit Ausnahme der amerikanischen des Dopings anklagte. Nein, dass der amerikanische Sport drogenfrei ist, glaubt kaum jemand. Eher ist es so, dass die amerikanischen Sportler selten erwischt werden, weil sie weitgehend unbehelligt von unabhängigen Kontrolleuren ihre Kreise ziehen. Es hatte sich nämlich der amerikanische Verband immer furchtbar geärgert, wenn seine Dopingfahnder vor verschlossenen Türen standen, weil die Athleten nicht da und auch nicht aufzufinden waren. Daraufhin beschloss der Verband vor etwa zwei Jahren etwas Naheliegendes: Die Kontrolleure rufen die Probanden erst einmal an und kündigen ihren Besuch freundlich an. Es wird dann eher selten einer erwischt.

Der Sprinter Dennis Mitchell etwa. Der erklärte vor zwei Jahren seinen hohen Testosteron-Wert mit einer lustigen Nacht: Ein paar Biere habe er getrunken und Sex gehabt, nicht unter einem halben Dutzend Wiederholungen. Die Erklärung wurde hingenommen, Mitchell durfte laufen - und wurde später von weniger verständisvollen Kontrolleuren des Weltverbandes noch einmal ertappt. Nun scheint in Sydney ein weiteres Lügengebäude einzustürzen.

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